© 2002 Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen Marburg
"Genie oder Irrsinn, aber wenig Ruhm"
Auch in meiner Gymnasialzeit wurde ich belehrt, Hölderlin sei in geistige Umnachtung gefallen. Im Verlauf der späteren Jahre habe ich öfters vergeblich versucht, seine Texte zu verstehen. Wahrscheinlich war ich zu dumm oder es lag an des Dichters Schizophrenie. Jetzt, nach vierzigjähriger Tätigkeit als Nervenarzt, der als Medizinstudent bei Manfred Bleuler hören durfte und der bald am Ende seines Lebens angekommen ist, stiess ich auf das vorliegende Hörbuch.
Reiner Unglaub brachte es durch seine empathische Behutsamkeit fertig, mir die allerhöchste Poesie und Philosophie des Dichters nahe zu bringen, denn Hölderlin muss man hören, nicht lesen.
Sachkundig erkenne ich zwar in den Briefen eine bipolare affektive Störung, die den Dichter mal verzweifeln liess, mal zu grössenwahnsinnigen Projekten trieb. Ich kann aber keine einzige Äusserung als krankhaft im Sinne einer Schizophrenie benennen, obwohl Hölderlins Biographie durchaus schauderhafte Verhältnisse" (nach M. Bleuler) aufwies, die eine solche hätten auslösen können. Nach jahrelanger Verarbeitung seiner Liebeskrankheit zu Suzette Gonthard in der Dichtung des Hyperion wurde er - das war mir neu - dank eines ärztlichen Gefälligkeitsgutachtens 1804 nicht als Revolutionär zwecks Sturz der Württembergischen Obrigkeit hingerichtet, sondern statt dessen als Wahnsinniger in einer psychiatrischen Anstalt nach allen Regeln der damaligen Kunst gefoltert und schliesslich in dauernden Zimmerarrest versetzt. Dort verblüffte er Besucher mit den von einem Irren erwarteten Merkwürdigkeiten. Einzig sein Freund Sinclair hat ihn als normal durchschaut.
Hölderlin war nach meiner heutigen Meinung ein hochintelligentes Ausnahmetalent von höchstem dichterischem Weltrang, den ich an die Spitze der deutschen Dichtkunst stelle. Er war auch der genialste Simulant einer Geisteskrankheit, was ihm das Leben rettete und ihn noch 37 Jahre lang zwar bescheiden und in Unfreiheit, aber dafür in Frieden leben liess.
"es macht krank"
krankhaft und wirderlich ist der Inhalt. ich musste das Anhören abrechen. ich habe es zurückgegeben.