
Realitätsverlust
Wie KI und virtuelle Welten von uns Besitz ergreifen – und die Menschlichkeit bedrohen
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Gesprochen von:
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Thomas Dehler
Über diesen Titel
»Menschen brauchen, um psychisch und körperlich gesund zu bleiben, die analoge Präsenz anderer Menschen.« Joachim Bauer
Die Menschlichkeit ist in Gefahr. Künstliche Intelligenz wird unsere Lebenswelt radikal verändern – ob am Arbeitsplatz, in Schulen, in der Medizin oder in vielen anderen Bereichen. Ihre Schöpfer verkaufen KI als dem Menschen ebenbürtig, ja überlegen. Gleichzeitig fliehen wir vor der Realität immer öfter in die virtuellen Welten der sozialen Netzwerke, Apps und Games.
In seinem neuen Hörbuch mahnt der Arzt, Neurowissenschaftler und Bestseller-Autor Joachim Bauer: Reale Begegnungen, zwischenmenschliche Resonanz und analoge Präsenz sind für die Entwicklung des menschlichen Selbst, für unsere Gesundheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt unverzichtbar.
Ein Plädoyer für ein neues Zeitalter der Aufklärung, für ein Aufbegehren gegen digitale Unmündigkeit.
In deiner Audible-Bibliothek findest du für dieses Hörerlebnis eine PDF-Datei mit zusätzlichem Material.
©2023 Heyne Verlag (P)2023 Lagato VerlagDieses Buch hier, von Joachim Bauer, ist ein Plädoyer für das Leben. Danke!
Die "Techphilosophie" als Geschäftsmodell
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Was ein smarter Umgang mit digitalen Medien ausmacht
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Hier zeichnet Bauer einen Trend nach, den man, wie er zeigt, vor allem seit der Einführung des Smartphones beobachtet - einen Trend, der Erwachsene, ganz besonders auch schon Kinder betrifft, und eben eine Entwicklung, die viele Menschen krankmacht, vielen Menschen buchstäblich die Präsenz nimmt für die Lösung der die Jetztzeit plagenden Probleme.
Wenn man dann noch erfährt, dass die Fortschritte der Aufklärung heute gewissermaßen „angezählt“ wirken und dass die Gegenwart völlig neue philosophische Gedanken kennt, die - ganz im Sinne des Technikbooms - die Realität für bloße Simulation halten (Kapitel 4 und 5), wird klar: Der Mensch arbeitet an nicht mehr und nicht weniger als am technischen Ersatz seiner selbst, ein Unternehmen, das, wie das Buch „Realitätsverlust“ weiter verdeutlicht, von vornherein nicht gelingen kann.
Fazit zu Bauers absolut hörenswerter Hype-Kritik daher: Besser öfter face to face! Sei man nun „Realist“, sei man „Utopist“ - oder eben irgendwo zwischendrin.
Vom Menschen und dem Ersatz seiner selbst - oder: Besser öfter face to face!
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Wowh! Macht nachdenklich.
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+ Der wichtigste Teil des Buches ist das Herausarbeiten der Gefahren, welche eine exzessive Nutzung von sozialen Netzwerken bzw die nicht-physische Interaktionen zwischen Menschen bergen. Dabei werden schwere argumentative Geschütze gegen die grössten digitalen "Übeltäter" wie Soziale Medien, Metaversen und Videospiele aufgefahren. Untermalt mit einigen klinischen Fällen und Anekdoten ist dieser Teil des Buches relativ überzeugend.
+ Sehr aktuell und interessant am Buch ist die Auseinandersetzung mit den neuesten Chatbots und künstlichen neuronalen Netzen. Dabei wird die Technologie endlich mal mit ernst zu nehmenden Argumenten kritisiert. Der Autor weist zb auf die Gefahr hin, dass chatgpt etc die Menschen verführen könnten, das Denken auszulagern und auf die Charade hereinzufallen, in welcher sich diese neuronalen Netze als mitfühlende, intelligente Wesen präsentieren.
+ Der Autor umreisst grob die Unterschiede zwischen künstlichen neuronalen Netzen und echten neuronalen Netzen. Auch dies scheint mir sehr wichtig, denn wenn man nur den enthusiastischen Informatikern zuhört, könnte man meinen, im stochastischen Sturm der Perzeptronen könnte tatsächlich bald ein Bewusstsein entstehen. Zu diesem komplexen Thema müsste man dringend mal ein Separates Buch schreiben, welches das ganze in angemessener Tiefe behandelt - eine Marktlücke.
+ Silicon Valley Ideologen und Hurra-Optimisten wie David Chalmers werden als Träumer und Mystizisten kritisiert, eine wohltuende Abwechslung. Dabei erreicht das Buch zwar nicht das Niveau eines akademischen Diskurses, aber man erhält einen guten Überblick über die Gedankengänge von Chalmers und Harari und mögliche Gegenargumente.
Negatives (ich muss hier etwas ausführlicher werden):
- Es fehlt komplett die Analyse von Netflix bzw Serien allgemein als Mittel zur Weltflucht. Serien sind logischerweise weit häufiger Mittel für Eskapismus als Videospiele oder Metaversen (die ja kaum zugänglich sind ohne entsprechende "Ausrüstung"). Ausserdem hätte der Autor gerne auch kurz auf nicht-digitale Mittel zum Eskapismus eingehen können, wie zb Trivialliteratur (etwa ein grossteil der Krimi-, Fantasy- und Romantik-Genres), Schlaf oder Drogenkonsum und exzessives Partyleben. Mir fehlt am Ende des Buches noch immer das schlagende Argument warum digitale Medien, im Hinblick auf den Eskapismus, so viel schlimmer seien als die anderen Mittel. So gut wie alles was der Autor zb gegen Videospiele ins Feld führt könnte man so auch auf andere Medien anwenden.
- Die Behauptung das Mittelalter sei "realitätsfern" gewesen weil Menschen wie Meister Eckhart ihre mystischen Texte schrieben und angeblich das Irdische verachteten (das wird im Buch leider ernsthaft behauptet, kein Scherz) und Gott bzw die Einheit des Seins verehrten, ist eine ungeheuer freche, ja arrogante Aussage. Sie impliziert, dass der Autor völlig unphilosophisch die Meinungen, Prioritäten und Werte unserer heutigen Kultur als "real" bzw der Wirklichkeit zugewandt voraussetzt und alles herabwürdigt als "realitätsfern", was nicht diesen Vorstellungen entspricht. Die Ansicht, dass materielle Güter eitel seien und man sich auf geistige Kontemplation konzentrieren sollte ist keine lebensverachtende Absage an die Realität, sondern eine tiefsinnige Absage an eine Ideologie wie sie heute (offenbar auch beim Autor) "mainstream" ist, nämlich, dass es sehr wichtig ist Karriere zu machen, sich möglichst gut an die herrschende wirtschaftliche anzupassen, Geld zu scheffeln, sich physisch zu vergnügen so viel es nur geht. Ein solcher Sophismus ist entgegen der Behauptung des Autors NICHT aufklärerisch! Ich selber bin Atheist, habe hier also keine persönlichen Aktien was Gott oder das Mittelalter angeht.
- Letzterer Punkt führt mich zum nächsten Problem des Buches: es wird zu unklar entwickelt, was "Realität" überhaupt sein soll. Sind es die Prioritäten unserer heutigen Kultur? Bin ich realist weil ich wirtschaflich Erfolg habe und nach materiellen (in diesem sinne "realen") Dingen wie Karriere, Familie und Geld strebe? Ist der mittelalterliche Bauer der für den Lebensunterhalt seiner Familie auf dem Feld schuftet und an Engel glaubt wirklich weniger "Realist"? Oder ist es der Einblick in den aktuellen Stand der naturwissenschaftlichen Forschung der mich zum "Realisten" macht? Ein im multiversum tätiger oder 5h pro Tag Fortnite zockender theoretischer Physiker wäre da der ultimative Realist, da er die mathematische Beschreibung der grundlegendsten Wirklichkeit und somit seine prinzipien am besten kennt, dennoch lebt er visuell in einer virtuellen Welt. Der Mangel hier eine philosophisch konsistente, klare Umreissung der "Realität" und des "Realisten" zu liefern, schmerzte mir sehr bei vielen Passagen des Textes.
- Das Kapitel über Videospiele ist leider extrem pauschalisierend und undifferenziert. Dabei wird von Games wie Fortnite und Leage of Legends, die bekannt dafür sind, dass ihre Nutzer zu exzessiv langen Spielstunden und zum Investieren von hohen Geldbeträgen neigen, auf das ganze Medium geschlossen - ein sehr übler Fehlschluss. Ich bin mit seiner Kritik an diesen Abzocker-Spielen, welche die Leute anlocken, süchtig machen und sie dann finanziell schröpfen, absolut einverstanden. Diese Games sind aber unter kundigen Spielern als minderwerige, seichte Unterhaltung verpönt, ähnlich wie Groschenromane oder Liebesschnulzen bei Leuten, die gute Literatur zu schätzen wissen. Der Autor behauptet mehrfach Videospiele seien prinzipiell Gefährlich, weil sie "kein Ende" hätten. Dies ist, als allgemeine Behauptung, komplett falsch. Es trifft zu auf diese "Schröpf-Spiele" wie Fortnite, aber diese sind nunmal nur ein minderwertiger Teil des Mediums. So gut wie jedes AAA Rollenspiel, jede Shooter-Kampagne erzählen eine Geschichte mit einem klaren Ende und viele davon gehören zu den populärsten Spielen aller Zeiten (zb The Witcher 3, Half Life, The elder Scrolls 1-5, Cyberpunk 2077 usw). Das mag für ältere Leser eine Überraschung sein, aber The Witcher 3 oder Enderal zb beweisen zu welchen Höhenflügen das Medium Gaming fähig ist, da sie den Spieler mit komplexen ethischen, politischen und sozialen Problemen/Dilemmas konfrontieren, die soziales Feingefühl, philosophisches Denken und Intelligenz erfordern um sie befriedigend zu meistern. Sie fordern den Spieler intellektuell heraus indem sie ihn so mit neuen Denkansätzen und philosophische Positionen konfrontieren. Sie tun dies in einem weitaus höherem Masse, als es die überwältigende Mehrheit der Fernsehfilme oder Netflix Serien tun könnte, welche der Otto Normalverbraucher abendlich vom Sofa aus bequem wegkonsumiert. Die ethischen Einstellungen und damit die Entscheidungen, Dialoge und Handlungen des Spielers nehmen massgeblich Einfluss auf den Ausgang einer Geschichte. Dies ist nichts weniger als eine Revolution im gehaltvollen Storytelling, welches den Spieler zu neuen Gedanken über die reale Welt anregt. Ich würde sogar argumentieren, dass diese Spiele Kunststatus haben, da sie über sich hinaus - in die wirklichste Lebenswelt des Menschen - hinausweisen und diese bereichern, wie es auch die grossen Werke der Weltliteratur tun. Darum eignen sich diese Spiele kaum besser zum Eskapismus als Serien, Bücher oder Drogenexzesse.
Wer eine Neigung zum Eskapismus hat, findet auch ein Mittel dazu. Ich erinnere nur daran, dass viele Menschen zb die Vertiefung in Geschichte als Mittel für Eskapismus nutzen, eine Tendenz die schon Nietzsche kritisierte, da würde es dem Autor aber nie einfallen jenes Mittel als "gefährlich" abzustempeln. Zum Thema Gewalt in Videospielen spricht die Datenlage klar gegen eine Korrelation von Gewaltspielen und Gewalttaten, von einer Kausalität ganz zu schweigen. Wer ernsthaft behauptet Videospiele seien gewaltreicher als zb Literatur oder Film, der weiss schlicht nicht wovon er redet bzw ist ein Kulturbanause der noch nie die Ilias gelesen hat.
- Weiter werden die Gamer selbst allgemein extrem pauschalisiert dargestellt als unfähige, übergewichtige, sozial inkompetente Nerds welche in ihrem "Cockpit" hocken und an denen das "reale Leben" vorbeizieht. Ich verstehe echt nicht wie der Autor hier so pauschalisieren kann, obgleich man an anderen Stellen des Buches sehr differenziert argumentiert. Das Foldende mag jetzt beim Autor eine kognitive Dissonanz auslösen, aber ich selbst (mitte Zwanzig) spiele relativ regelmässig Videospiele mit meiner Partnerin (ja sie ist dabei physisch anwesend, ich hocke nicht allein und traurig im Cockpit), studiere erfolgreich Medizin und treibe viel Sport. So gut wie alle meine männlichen Mitstudenten spielen Videospiele in der Freizeit und keiner von denen ist sozial inkompetent, leistungsschwach oder unsportlich. Die meisten führen eine Beziehung und ein erfülltes Privatleben und sind ambitioniert. Was der Autor wohl eigentlich kritisieren möchte sind Leute, die Süchtig nach Videospielen sind und/oder aus eskapistischen Gründen das Medium nutzen, und nicht den freien Menschen der zum Vergnügen und zur intellektuellen Herausforderung in Mässigung solche Spiele spielt.
Hörenswert, trotz Schwächen und Pauschalisierungen
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Was sagt der alte Mann?
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Bauer ist Arzt. Er schaut auf die Patienten. Nur noch in sozialen Medien, virtuellen Realitäten oder Games leben - das ist der Realitätverlust, von dem Bauer schreibt. Wer süchtig ist, will die Sucht leben, bis er oder sie krepiert (falls sie niemand rausholt und solange das Geld reicht). Oft liegt das daran, dass die Realität auch nicht so rosig ist - eigentlich ist sie das, was man loswerden will. Siehe Unendliche Geschichte von Michael Ende. Und vielleicht will der ein oder die andere sich tatsächlich "uploaden" und in Fantasien unsterblich sein. Wer an so was glaubt, ist zurecht Patient bei Bauer. Ja, und es gibt eine riesige Industrie, die das auscasht. Nur: wer - wenn es denn ginge - upgeloaded ist, taugt nicht mehr als Kunde. Da hat es sich ausgecasht, denn da ist die Realität tatsächlich zu Ende. Die Traumindustrie bedient skrupellos absurde Träume. Aber als Kunden braucht sie immer den realen Menschen, den sie ausnehmen kann.
Da ist Vieles übel und da darf Prof. Bauer gerne drauf hinweisen. Aber wer verstehen will, was heute radikal anders ist mit diesen Technologien, warum sie nicht einfach nur die nächste Droge ist, in deren Bann Menschen geraten können (und dann einen Arzt brauchen), der bekommt das große Bild von Harari, aktuell von "Nexus".
Fazit: Betroffene sind mit Bauer gut bedient. Wer aber das große Bild, gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich und in weiter historischer Perspektive sehen will, sollte zu Harari greifen.
Was hat Bauer nur gegen Harari?
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