Sein „Ernährungskompass“ stand wochenlang auf der Bestsellerliste. Nun hat Bas Kast einen zweiten Ratgeber veröffentlicht, den „Kompass für die Seele“. Darin stellt der Autor einfache, wissenschaftlich geprüfte Strategien vor, um das mentale Wohlbefinden zu fördern. Im Interview verrät er, welche das sind – und warum er Putin gerne auf einen Ecstasy-Trip schicken würde.

(Hinweis: Halluzinogene sind illegal und können Psychosen auslösen. Insbesondere sollten sie nicht konsumiert werden, wenn psychische Erkrankungen in der Familie bekannt sind. Die Aussagen im Interview spiegeln die Meinung des Autors wider und entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung der Redaktion.)

Bas Kast, Ihr Ratgeber „Der Ernährungskompass“ war – ganz überraschend – ein Riesenerfolg. Nun schreiben Sie in Ihrem neuen Buch, dass Ihnen dieser Erfolg persönlich nicht gut bekommen ist. Wie geht es Ihnen heute, wo sich auch Ihr neues Buch gut verkauft?

Erst einmal ist mir der Erfolg schon bekommen. Das waren euphorische Wochen. Insbesondere, weil mein alter Verlag prophezeit hatte, das Buch würde sich nicht verkaufen. Dann wurde es plötzlich ein Überraschungserfolg. Ich habe Tausende Mails bekommen von Menschen, die nicht nur ihren Bierbauch losgeworden sind, sondern auch Krankheiten wie Knie-Arthrose – das war schon aufbauend. Dass dieses Gefühl irgendwann nachlässt, ist normal. Man kann ja nicht immer auf Wolke 7 schweben. Aber irritierend war für mich, dass es nicht zurückging auf Normal-Null, sondern dass ich in ein richtiges Stimmungstief gefallen bin. Mir wurde klar: Innere Zufriedenheit liegt an anderen Faktoren als bloß an der Erfüllung äußerer Träume. Als ich das erkannt hatte, konnte ich anfangen, etwas dagegen zu tun. Heute habe ich die Strategien, die ich im „Kompass für die Seele“ beschreibe und die ich prophylaktisch einsetzen kann.

Kompass für die Seele

Es gibt bereits unzählige Bücher über seelische Gesundheit. Warum verkauft sich gerade Ihr Buch so gut?

Ich habe kein anderes Buch gesehen, das so breit aufgestellt körperliche und psychische Faktoren für seelische Gesundheit vorstellt. Mit Tipps, die sich praktisch umsetzen lassen und mit einem wissenschaftlichen Hintergrund. Es gibt Bücher mit rein psychologischem Ansatz wie „Das Kind in dir muss Heimat finden“ von Stefanie Stahl. Dann gibt es Bücher nur über Bewegung oder nur über Meditation. Aber ich wollte mir eine Übersicht verschaffen über all die Strategien, die man selbst verfolgen kann, um die eigene Stimmung aufzuhellen und die Stressresilienz zu erhöhen.

Welche sind das zum Beispiel?

Dass Schlaf oder Bewegung gut für die Stimmung sind – gut, das ist bekannt. Die meisten Menschen wussten auch vor dem „Ernährungskompass“, dass Brokkoli gesund ist. Interessant wird das Buch da, wo es erklärt, welche Mechanismen dahinterstecken. Meditation zum Beispiel haben wir lange in unserer westlichen Gesellschaft nicht ernst genommen. Bis Wissenschaftler im Kernspintomografen nachweisen konnten, dass sich da wirklich etwas ändert im Gehirn.

Schon Kneipp hat vor fast 200 Jahren kalte Duschen, Spaziergänge in der Natur und ähnliches zur Stärkung der körperlichen und seelischen Gesundheit empfohlen. Wie kommt es, dass dennoch nur wenige Menschen diese einfachen Dinge berücksichtigen?

Es geht sogar viel weiter zurück, bis zu Hippokrates und anderen Ärzte im alten Griechenland. Dass eine Wassertherapie gegen Lethargie hilft, wusste man damals schon. Solche alten Verfahren sind in Vergessenheit geraten oder man hat sie eine Zeitlang nicht mehr so ernst genommen. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse und damit einen neuen Blickwinkel. Es gibt zum Beispiel erste Fallbeispiele von depressiven Patienten, denen mit Schwimmen in einem kalten See geholfen werden konnte. Noch ist die Studienlage hier recht dünn. Es ist wie in der Mode, manche Dinge kommen zurück.

Etwa die Psychedelika?

Psychedelika waren bekanntlich während der Hippiebewegung schon mal sehr verbreitet. Es gab damals auch hunderte von wissenschaftlichen Studien zu LSD und anderen Psychedelika, die vollkommen in Vergessenheit geraten sind, weil sie verboten wurden. Mittlerweile sind Psychedelika in den USA schon fast wieder im Mainstream angekommen. Auch durch die Bücher von Michael Pollan, die dort viel mehr Aufmerksamkeit erregt haben als hier. Beim Eisbaden hat der niederländische Extremsportler Wim Hof sicher einen großen Anteil am Hype. Immer mehr Menschen merken, dass es ihnen guttut, archaische Elemente in ihr modernes Leben einzubauen. Wir halten uns zu viel bei moderaten Temperaturen auf, müssen nie hungern, bekommen zu wenig natürliches Licht ab, bewegen uns kaum. Diese Dinge sind aber wichtig für unseren Körper und unsere Psyche.

How to Change Your Mind

„Glücklich kannst du sein, wenn du beruflichen Erfolg hast.“: Dieses Mantra haben viele Menschen in unserer Gesellschaft verinnerlicht. Wie kommt man gegen diesen inneren Glaubenssatz an?

Es können auch andere Glaubenssätze sein: „Wenn ich erst Familie habe …“ , „wenn ich mal viel Geld habe …“ , „wenn ich dieses Haus gekauft habe …“. Dieses „Wenn-Dann-Glücksmodell“ ist das Problem. Wenn eine äußere Bedingung erfüllt ist, dann bin ich glücklich. Wir suchen die Lösung draußen, aber das Grübeln findet in uns statt. Daran sieht man schon, dass wir auch die Lösung in uns finden müssen.

Wie zum Beispiel?

Man kann sich bewusst machen, dass man sich objektiv in einer sehr guten Situation befindet. Man sitzt im Garten oder liegt im Bett, hat ein Dach über dem Kopf und alles ist gut. Aber dann kommt diese innere Stimme und fängt an, einem diese gute Situation zu vermiesen. Das kann einem den Alltag versauen. Wir denken uns regelrecht ins Unglück hinein, weil wir mindestens die Hälfte der Zeit sorgenvollen Gedanken nachhängen. Das macht uns unglücklicher, als notwendig wäre. Meditation kann helfen, sich dieser Stimme bewusst zu werden, ohne sich mit ihr zu identifizieren. Dadurch kann man die Stimme aus einer heilsamen Distanz aus betrachten, ohne sie zu bekämpfen.

Sie schreiben, Grübeln sei einfach ein evolutionäres Programm: Die Natur möchte, dass wir überleben. Nicht, dass wir glücklich sind.

Richtig, es liegt nicht im Interesse der Natur, uns glücklich zu machen. Es geht nur um Überleben und Vermehrung. Die haarigen Vorfahren, die vergnüglich in den Tag hineingelebt haben, keine Ressourcen angehäuft und sich keine Sorgen gemacht haben, die haben leider keine Nachfahren hinterlassen, die diese angenehme Stille im Kopf hätten vererben können. Wir sind die Erben von Vorfahren, die sich Sorgen gemacht haben. Aber wenn ich merke, dass ich die gleiche Sorge immer wieder und wieder durchkaue, dann schreibe ich sie vielleicht einfach mal auf. Das hilft dabei, sich von dem Gedanken zu distanzieren.

Von Nächstenliebe bis Ikigai: Entdecke erprobte Wege zum Glück

In Ihrem Buch beschreiben Sie Ihre Erfahrungen mit Psilocybin als Gamechanger. Für alle, die den „Kompass für die Seele“ bisher nicht gehört oder gelesen haben: Was passiert bei einem Pilztrip?

Beim ersten Mal hat man idealerweise einen Tripsitter dabei oder einen Therapeuten. Denn es kann zu einem „Bad Trip“ kommen und dann ist es gut, wenn man jemanden hat, der einen beruhigen kann. Nach einer halben Stunde verändert sich etwas körperlich in dir. Das kann ein Gefühl der Erregung sein, euphorische oder bedrohliche Gefühle. Es ist sehr wichtig, dann loszulassen. Das lernt man bei vorbereitenden Sitzungen etwa in niederländischen Retreat-Centern, wo der Konsum von Psilocybin legal ist. Man kommt dann in einen Zustand, der einem luziden Traum ähnelt – einem Traum, in dem man weiß, dass man träumt. Dieser Zustand kann mit Bildern aus der Vergangenheit einhergehen, etwa mit Situationen, in denen man zwischenmenschliche Probleme hatte, aber auch mit sehr positiven Gefühlen.

Welche Gefühle sind das zum Beispiel?

Oft wird einem vor Augen geführt, was das Wichtigste im eigenen Leben ist. Das geschieht mit einer Wucht und Klarheit, die bis in die Knochen geht. Bei mir ist das typischerweise die Liebe zu meiner Frau oder zu meinen Kindern. Es kann aber auch passieren, dass man erneut eine Szene erlebt, in der man besser hätte reagieren können. Man betrachtet das Ereignis noch mal aus der Distanz, aber diesmal mit Verständnis und Wohlwollen. Dann gibt es Erlebnisse, die sensationell sind. Es gibt viele Menschen, die sagen, sie hätten Musik erst unter dem Einfluss von Psychedelika richtig verstanden.

Sie schreiben in Ihrem Buch sehr positiv über Ihre Drogenerfahrungen. Wie Sie selbst sagen, ist man bei diesem Thema in Deutschland skeptisch. Haben Sie negatives Feedback bekommen?

Es gab schon Kritik. Leute, die gesagt haben: Da muss man unheimlich vorsichtig sein, das ist gefährlich und illegal. Klar, wenn man „Ecstasy“ hört, denkt man zunächst an Techno-Partys. Mein Zugang war aber ein wissenschaftlicher. Ich habe zig Studien gelesen und einfach die Ergebnisse gesehen. In der Forschung wird MDMA – also die Reinform von Ecstasy – mittlerweile als Medizin begriffen. Das ist ein anderer Kontext. Auf einer Party eingeschmissen, wirkt MDMA für die meisten Menschen mit ziemlicher Sicherheit nicht therapeutisch. Aber in einem meditativen Kontext, mit Schlafmaske und Kopfhörern, wie es in den Experimenten gemacht wurde, kann man plötzlich verblüffende heilsame Effekte sehen.

Glauben Sie, dass sich auch in Deutschland die gesellschaftliche Einstellung zu Psychedelika ändern wird?

In den USA steht MDMA kurz vor der Zulassung als Medikament gegen posttraumatische Belastungsstörungen. Durch diese beeindruckenden Forschungsergebnisse hat sich mein Bild von diesen Substanzen völlig gewandet. Da die Forschung zurecht einen hohen Respekt genießt und diese Daten sehr mächtig sind, bin ich zuversichtlich, dass sich die öffentliche Meinung zum Thema Psychedelika auch hierzulande ändern wird. Die Schweiz ist da aus historischen Gründen schon viel weiter. Dort gibt es bereits um die 50 Therapeuten, die in bestimmten Fällen Therapien mit MDMA, LSD und Psilocybin anbieten dürfen. Am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim läuft übrigens gerade eine der weltweit größten Studien zum Thema Psilocybin.

In unserer Gesellschaft ist Alkohol die beliebteste Möglichkeit, um zu entspannen und gut drauf zu kommen. Warum verzichten Sie selbst weitestgehend darauf?

Die Forschung zu Alkohol ist in den letzten Jahren sehr viel kritischer geworden. Zu Anfang des Jahres hat Kanada die Empfehlung für maximalen Alkoholkonsum drastisch heruntergeschraubt auf ein bis zwei Drinks pro Woche. Empfohlen wird, gar kein Alkohol zu konsumieren. Das hat mich erschrocken und hellhörig gemacht – soweit, dass ich auch meinen „Ernährungskompass“ dahingehend umgeschrieben habe. In Deutschland sind wir sehr alkoholfreundlich. Ich selbst komme aus einer Familie, in der Wein positiv konnotiert war, meine Urgroßeltern waren Weinbauern. Da hat ein mühsamer Bewusstseinswandel bei mir stattfinden müssen. Die Konsequenz ist, dass ich selbst nicht mehr trinke.

Der Ernährungskompass

Wenn Sie dafür sorgen könnten, dass alle Menschen nur einen Tipp aus ihrem Buch umsetzen: Welcher wäre das?

Ich würde mir wünschen, dass Putin MDMA nimmt. Ich frage mich, ob es dann noch einen Krieg gäbe oder ob nicht sogar er die Dinge anders sehen könnte. Ernsthaft. Aber ich zögere, Psychedelika für die Allgemeinheit zu empfehlen. Denn ich denke, es gibt Menschen, die davon profitieren, während andere das nicht tun. Man sollte sich an das Thema herantasten und sich gründlich damit auseinandersetzen. Nicht jeder ist der Typ dafür. Mein Tipp wäre, die Basisdinge umzusetzen. Da kann man nichts verlieren. Jeden Morgen als Erstes raus an die frische Luft, eine halbe Stunde Licht tanken. Den inneren Zeitgeber kalibrieren. Kalt duschen und gucken, was das bewirkt. Saunagänge am Abend – eines der besten Dinge, wenn man nicht schlafen kann. Die Logik dahinter verstehen, dass unser Gehirn und unser Körper nicht dazu entwickelt wurden, in einer Umwelt zu existieren, die uns nie körperlich herausfordert. Das halte ich für den sinnvollsten Rat, auch wenn es sehr einfach ist.

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Warum kommt positives Denken in Ihrem Buch nicht vor?

Positives Denken finde ich nicht hilfreich. Der Ansatz der positiven Psychologie, die nicht psychische Krankheiten erforscht, sondern die Dinge, die die Psyche stärken, das finde ich richtig. Aber dieses zwanghafte „Du musst das Glas als halb voll betrachten“ bringt mir nichts. Denn das bedeutet, dass man anfängt, an seinen Gedanken rumzubasteln. Das läuft auf einen Kampf mit sich selbst heraus. Ich empfehle sogar im Gegenteil die Philosophie der Stoiker und die „Premeditatio malorum“, also die geistige Vorwegnahme schlechter Ereignisse.

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Sie schreiben auch nichts über das Thema Berührung, das hat mich gewundert. Wie kommt das?

Berührungen bis hin zu Sex sind sicherlich ein Glücksfaktor. Es gibt einige Dinge, die wirksam sind, die ich vernachlässigt habe. Auch Atmung wäre so ein Beispiel. Es gibt viele Leute, die darauf schwören, dass man mit Atemtechniken Stimmungen positiv beeinflussen kann. Das Buch soll eine Übersicht geben und ist nicht perfekt oder komplett.

Sie könnten noch eine Fortsetzung schreiben.

Tatsächlich probiere ich noch Sachen aus und experimentiere. Yoga hätte man noch aufnehmen können. Es ist eine Form von Meditation und bewiesenermaßen sehr wirksam. Ich experimentiere selbst mit Yoga Nidra, das ist eine Schlafmeditation. Ich experimentiere auch mit Supplements wie Kreatin. Ich überlege, das zu sammeln und irgendwann eine überarbeitete Version zu veröffentlichen. Es wäre auch interessant gewesen, eine Psychotherapie zu machen und zu schildern, was da passiert.

Warum haben Sie davon abgesehen?

Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich schon geheilt und ich wollte auch irgendwann zu einem Abschluss kommen. Die meiste Zeit ist bei diesem Buch nicht fürs Aufschreiben drauf gegangen – das geht schnell. Die meiste Zeit habe ich gebraucht, um alles auszuprobieren und zu schauen: Entfaltet es eine Wirkung? Es gibt sicher noch einiges, das interessant für eine Neufassung wäre.

Wir freuen uns darauf. Vielen Dank für das Gespräch, Bas Kast!

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