Kurt Krömers Gäste sind alles, nur keine Weicheier. Seine Show „Chez Krömer“ auf rbb ist keine lustige Talkshow, sondern ein Verhör mit einem Gastgeber, der freundlich wirkt, aber schnell ans Eingemachte geht. Der Comedian grillt im Verhörraum jeden, der sich dort hintraut - von Rapper Bushido über Promi Sophia Thomalla bis hin zu Politikern wie Frauke Petry (Ex-AfD). Kurt Krömer fragt erst harmlos und beißt sich dann fest, sobald er eine Schwachstelle gefunden hat.

Seine eigenen Defizite hat Alexander Bojcan, wie Krömer wirklich heißt, wahrscheinlich nicht sehen wollen oder mit Alkohol weggesoffen. Bis das nach 30 Jahren nicht mehr ging. Er suchte sich Hilfe und war froh, als er endlich wusste, was mit ihm los war: "Es ist eine verfickte Depression", sagte er zu seinen Freunden.

Alexander Bojcan ist in Berlin-Wedding geboren, alleinerziehender Vater von vier Kindern (drei leben bei ihm) und trockener Alkoholiker. Seine Abstürze, zweijährige Impotenz, Selbstzweifel und innere Leere beschreibt der 47-Jährige in seinem Sachbuch "Du darfst nicht alles glauben, was du denkst. Meine Depression". Es erschien im März 2022 und rankt bis jetzt auf Platz eins der SPIEGEL-Bestsellerliste (Stand: Juli 2022). Man erfährt, wie er trotz Depression arbeitete und seine Kinder versorgte, an seine Grenzen kam und nicht einmal mehr einen Einkaufszettel schreiben konnte, sich acht Wochen in einer Berliner Tagesklinik behandeln ließ - und sein Leben in den Griff bekam.

Das Mutige und Kluge an Kurt Krömers Buch ist nicht nur, dass der Mann die Hosen runterlässt, weil er "keinen Bock hatte, das zu verheimlichen". Er vermittelt viel Wissen und seinen ganz persönlichen Umgang mit einer Depression. Seine wichtigsten Erkenntnisse haben wir hier zusammengefasst.

Kurt Krömer: "Eine Depression spielt dir nichts vor, sie hält dich nur auf"

Du darfst nicht alles glauben, was du denkst

Mit einer Depression ist es oft normal, dass du für eine einfache Sache Stunden brauchst.

"Heute mache ich zehn Dinge auf einmal. In der Depression ging oft nur eine Sache pro Woche oder Tag. Einmal wollte ich für meine Kinder kochen. Ich habe Stunden gebraucht, um einen Einkaufszettel zu schreiben. Danach stand ich im Supermarkt und habe geweint." Das sei der Tag gewesen, so Kurt Krömer, als ihm klar wurde, dass er Hilfe brauche.

Einem Depressiven fehlen Energie und Antrieb, er kann sich zu nichts mehr aufraffen. Für viele Depressive ist bereits das Zähneputzen ein Kraftakt, und mehr oder weniger das Einzige, was sie am Tag schaffen. Der Comedian beschreibt auch, dass er sich nicht mehr lange auf etwas konzentrieren konnte. Auch das geht vielen so. Alles engt sich immer mehr auf die depressive Symptomatik ein: Schlafen, Grübeln, Kreisen um körperliche Symptome wie Herzrasen, Kopfdruck, Übelkeit und viele weitere.

Hinweis: Dieser Text schildert Kurt Krömers Erfahrungen mit Depression und ergänzt sie stellenweise um allgemeine Informationen zur Erkrankung. Hier kann nicht geklärt werden, ob eigene Symptome wirklich zu einer Depression gehören. Für eine gesicherte Diagnose braucht es einen Hausarzt oder einen Facharzt für Psychotherapie oder Psychatrie.

Du weißt, was dir wichtig ist. Aber du fühlst es nicht.

"Ich gebe dir ein Beispiel. Schöne Situation: Stell dir vor, du bist mit deiner Freundin, deinem Freund am Rumturteln, und sie, er sagt: 'Ich liebe dich.' Und du merkst, das kommt bei dir gar nicht an. Für dich ist das einfach ein Spruch. Als würde jemand zu dir sagen: 'Guck mal, da liegt ein Stück Holz.' Du hast keine Emotionen in dir."

Viele Depressive beschreiben diesen Zustand, nichts mehr zu fühlen und keine Liebe mehr zu empfinden. Manche Depressive können nicht einmal mehr weinen. Kurt Krömer wurde ziemlich wütend - auf sich selbst: "Du weißt, was dir wichtig ist. Dass du deine Kinder liebst, dass du einen Beruf hast, der dir Spaß macht. Aber du fühlst es nicht. Ich hab geweint und mich geschämt. Ich hatte so einen Selbsthass."

Die körperlichen Symptome sind oft krass und du fragst dich, ob du schwerkrank bist.

"Schlafschwierigkeiten, Gerzeiztheit, Antriebslosigkeit - und dann natürlich immer diese schwarze Wolke über dem Kopf." So schildert Kurt Krömer seine psychische Sympomatik. Was bei ihm hinzukam: Impotenz, die gut zwei Jahre anhielt. Sein Therapeut erklärte ihm den Grund dafür ungefähr so: Alles wird aus dem Körper in den Kopf gezogen, es ist kein Platz mehr da fürs Fühlen.

Viele Depressive beschreiben unter anderem einen diffusen und sehr schmerzhaften Druck im ganzen Kopf. Auch Herzbeschwerden wie Herzrasen, starkes Herzklopfen oder Stechen in der Herzgegend sind möglich. Weiter können Hitzewallungen oder Kälteschauer vorkommen, erhöhter Blutdruck, Übelkeit, Brechreiz und Erbrechen, Verstopfung oder seltener Durchfall. Hier ist es natürlich immer auch wichtig abzuklären, ob es für die Beschwerden organische Ursachen gibt oder sie zur Depression gehören.

Sich auf eine Therapie einzulassen und in eine Klinik zu gehen, war die beste Entscheidung seines Lebens.

Als nichts mehr ging, hatte Kurt Krömer eine Wahnsinnsangst. Dass "die in der Klinik mein bisheriges Leben wegtherapien", dass "ich in der Gruppentherapie sitze und denen meinen ganzen Scheiß erzählen soll." Alles ging gut. In eine Klinik zu gehen, sieht der Comedian mittlerweile als die beste Entscheidung seines Lebens an: "Es ist der einzige Ort, wo dir wirklich geholfen werden kann."

Die Grundidee des Buches ist, so Krömer, seine Geschichte aufzuschreiben, damit Menschen sich bestenfalls darin wiederentdecken. "Vielleicht gibt es sogar einen kleinen Anschubser, weil ihnen die Symptome bekannt vorkommen und sie daraufhin zum Arzt gehen." Oder in eine Klinik, wenn man nicht mehr leben will: "Da darf man keine Angst haben, jemand könnte sagen, man sei fehl am Platz. Die Kliniken und Notaufnahmen sind auf so etwas eingestellt. "

Weitere Bücher, die Depressiven helfen können

Bücher über Depressionen können keine Therapie ersetzen. Aber sie können den Druck lindern und einem das Gefühl geben, dass man aus dem seelischen Tief auch wieder rauskommen kann. Drei Empfehlungen.

Depression und Burnout loswerden

Ein Buch direkt vom Experten ist Depression und Burnout loswerden von Klaus Bernhardt. Im Interview mit Audible sagt der Therapeut zwar selbst, dass ein Ratgeber in vielen Fällen keine Therapie ersetzt. Aber er kann den Blick dafür schärfen, welche Faktoren eine psychische Störung auslösen: etwa Mangelerscheinungen durch Ernährung, chronische Entzündungen oder Dauerstress durch den Umgang mit digitalen Medien.

Bernhardt kritisiert in seinem Buch langwierige medikamentöse Behandlungen mit Antidepressiva. Er empfiehlt Behandlungsansätze wie eine Ernährungsumstellung oder negative Glaubenssätze durch die sogenannte Zoom-Technik in positive umwandeln, damit das Gehirn einen neuen Automatismus entwickelt. All das gibt es in einer einfachen und anschaulichen Sprache, die das typische depressive Gedankenkarussell nicht noch mehr überfordert.

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben ist Balsam für diejenigen, die genau das nicht mehr wissen: warum sie noch durchhalten sollen. Matt Haig weiß aus eigener Erfahrung, wovon er da schreibt. Das macht er sprachlich simpel und mit knappen Kapiteln, weil die Konzentration eh gleich wieder nachlässt. Am Ende ist man sicher nicht durch mit der eigenen Depression. Dafür beruhigt sich das panische Gefühl, sich mutterseelenallein und hilflos mit der Leere im Kopf zu fühlen.

Die neue Medizin der Emotionen

Die Neue Medizin der Emotionen: Stress, Angst, Depression - gesund werden ohne Medikamente ist ein Klassiker der Ratgeberliteratur. Der Ansatz des 2011 verstorbenen Neurologen und Psychiaters David Servan-Schreiber, eine psychische Störung ohne Medikamente und jahrelange Psychotherapie zu heilen, kommt gut an.

Seine Ansätze und Tipps sind teilweise unkonventionell. Aber warum eigentlich nicht mit einem Sonnenaufgangssimulator aufwachen oder Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen, um die Selbstheilungskräfte anzuregen? Entscheidend ist ja nicht nur, dass Herz und Hirn wieder zusammenspielen, sondern zu spüren, dass man noch zur Selbstfürsorge fähig ist.

Depression, Panik, Burnout überwinden: Bücher können helfen

Hörbücher können helfen, eine Depression zu verstehen und mit ihr umzugehen. Entdecke Ratgeber zu unterschiedlichen psychischen Störungen und Erkrankungen, darunter auch Burnout und Panikattacken.

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