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Autor | Stefan Zweig |
Erschienen | 1942 |
Umfang | ca. 112 Seiten |
Epoche | Exilliteratur der 1940er Jahre |
Genres | Novelle, Psychologische Erzählung, Exilliteratur |
Handlungszeitraum | 1930er/1940er Jahre, Nazizeit und Zweiter Weltkrieg |
Zentrale Themen | Isolation und ihre Folgen Schachspiel als geistige Zuflucht Konfrontation von Intuition und Methodik Auswirkungen des Nationalsozialismus auf das Individuum Grenzen der menschlichen Psyche |
Adaptionen | Film: „Schachnovelle“ (1960), Regie von Gerd Oswald Film: „Schachnovelle“ (2021), Regie von Philipp Stölzl Hörbuch: Diverse Fassungen mit verschiedenen Sprecherinnen und Sprechern – siehe: „Schachnovelle“ bei Audible Oper: „Schachnovelle“ von Cristóbal Halffter (Uraufführung 2013, Opernhaus Kiel) Graphic Novel: Zwei Versionen von David Sala (2013) und Thomas Humeau (2016) Live-Lesung/Audiowalk mit eigenen Illustrationen von Didi Jünemann (2021) |
Bewertung |
Bei dieser Zusammenfassung der „Schachnovelle“ von Stefan Zweig holte sich unser Redaktionsteam Unterstützung von Künstlicher Intelligenz in Form von aktuellen Large Language Models. Alle Fakten sind von der Audible-Redaktion überprüft.
„Schachnovelle“ – Zusammenfassung
Auf einem Passagierdampfer von New York nach Buenos Aires trifft der Ich-Erzähler auf den Schachweltmeister Mirko Czentovic. Dieser erklärt sich bereit, gegen eine Gruppe von Amateurspielern eine Partie zu spielen. Als die Amateure kurz vor der Niederlage stehen, greift ein mysteriöser Dr. B. ein und rettet die Partie zu einem Unentschieden.
Neugierig geworden, sucht der Erzähler das Gespräch mit Dr. B. Dieser offenbart, dass er während seiner Gefangenschaft bei der Gestapo dem Wahnsinn nur dadurch entkam, dass er Schachpartien aus einem gestohlenen Buch im Kopf nachspielte. Die erzwungene Isolation und das obsessive Schachspiel führten jedoch zu einer „Schachvergiftung”, die ihn ihrerseits an den Rand des Wahnsinns trieb.
Am nächsten Tag kommt es zu einer Schachpartie zwischen Dr. B. und Czentovic. Dr. B. gewinnt überraschend die erste Runde. In der zweiten Partie zeigt er jedoch Anzeichen seiner früheren Schachbesessenheit. Er wird zunehmend nervös, verwechselt Stellungen und beschuldigt Czentovic fälschlicherweise des Betrugs. Der Erzähler erinnert Dr. B. an dessen Vergangenheit, woraufhin dieser die Partie abbricht und sich entschuldigt. Das Buch endet mit einer herablassenden Bemerkung, in der Czentovic Dr. B. als „Dilettanten“ bezeichnet.
Die „Schachnovelle“ führt eindrücklich die zerstörerischen Kräfte von Isolation und Besessenheit vor Augen, aber auch die Stärke des menschlichen Geistes in extremen Situationen. Stefan Zweig wirft mit dem Text Fragen nach den Grenzen zwischen Genie und Wahnsinn auf und verdeutlicht, wie traumatische Erfahrungen einen Menschen für immer prägen können.
„Schachnovelle“ – Ort und Zeit der Handlung
Die Haupthandlung der „Schachnovelle“ spielt auf einem Passagierdampfer, der zur Zeit des Nationalsozialismus von New York nach Buenos Aires unterwegs ist. Das Schiff ist in der Erzählung eine Art „schwimmende Insel”, auf der die Charaktere einander zwangsläufig begegnen und die dramatischen Schachpartien austragen. Zentrale Schauplätze sind der Rauchsalon und das Promenadendeck.
Ein wesentlicher Teil der Geschichte wird von Dr. B. in Rückblenden erzählt und spielt in Wien zur Zeit des sogenannten „Anschlusses” Österreichs an Nazi-Deutschland im Jahr 1938. Dr. B. berichtet, wie er in die Gefangenschaft der Gestapo geriet und monatelang in einem Hotelzimmer in Isolationshaft gehalten wurde. Diese klaustrophobischen Szenen im Hotel bilden einen starken Kontrast zur relativen Freiheit der Erzählgegenwart auf dem Schiff. Dadurch werden die psychologischen Auswirkungen von Dr. B.s Isolationshaft umso deutlicher nachvollziehbar. Die Novelle verknüpft geschickt die verschiedenen Zeitebenen und damit die Handlung auf dem Schiff mit der Vergangenheit in Wien.
„Schachnovelle“ – Die wichtigsten Figuren
Der Ich-Erzähler
Der namenlose Ich-Erzähler fungiert in der „Schachnovelle“ als Beobachter und Vermittler. Er trifft auf alle Akteurinnen und Akteure der Geschichte und ist Zeuge des schicksalhaften Schachduells. Dadurch, dass er aktiv ins Geschehen eingreift und sowohl zu Czentovic als auch zu Dr. B. Kontakt aufnimmt, kann er den Lesenden auf erzählerische Weise die Hintergründe und Entwicklungen der Handlung nahebringen.
Dr. B.
Dr. B. ist die Schlüsselfigur der „Schachnovelle“. Im Wien vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war er Rechtsanwalt mit Verbindungen in höchste Kreise. Letztere haben seine Inhaftierung und Isolierung durch die Gestapo zur Folge, die ihm geheime Informationen entlocken will. Während seiner Gefangenschaft entwickelt er eine Obsession für Schach, die ihn fast in den Wahnsinn treibt. Aufgrund dieser Vorgeschichte greift er in das Geschehen auf dem Schiff zunächst nur zögerlich ein. Bei der Schachpartie gegen Czentovic entgleitet ihm die Situation. Dr. B.s Werdegang verdeutlicht die zerstörerischen Auswirkungen der mentalen Folter durch Isolation. Er verkörpert gleichermaßen die Macht des Intellekts wie die Grenzen der psychischen Belastbarkeit.
Mirko Czentovic
Czentovic ist amtierender Schachweltmeister. Er wird als intellektuell beschränkt, aber im Schach genial beschrieben. Seine Spielweise ist langsam und methodisch. Czentovic ist der Gegenpol des geläuterten Dr. B. Er ist emotionslos und berechnend und nur auf materiellen Gewinn aus.
McConnor
McConnor ist ein wohlhabender schottischer Geschäftsmann, der den zurückhaltenden Czentovic auf der Dampferfahrt als Erster zu einer Schachpartie herausfordert. Weil Geld für McConnor keine Rolle spielt, kann er den Schachweltmeister mit hohen Summen für die erste Partie ködern. Damit dient er quasi als Katalysator für die zentrale Begegnung von Czentovic und Dr. B.
Der Arzt
Der Arzt spielt eine zentrale Rolle in den Rückblenden, in denen Dr. B. über die Zeit nach seinem Zusammenbruch in der Gefangenschaft berichtet. Als „freundlicher älterer Herr“ trägt der Arzt wesentlich zu Dr. B.s Genesung bei und erwirkt nicht zuletzt dessen Entlassung aus der Gefangenschaft. Damit ermöglicht er Dr. B.s Ausreise aus Europa und sein Eintreten in die Haupthandlung auf dem Schiff.
„Schachnovelle“ – Leitmotive und Hintergrund
Stefan Zweigs „Schachnovelle“ entstand 1941/42 im brasilianischen Exil und spiegelt die Erfahrungen des Autors mit dem Nationalsozialismus wider. Das Buch steht exemplarisch für die Exilliteratur der 1940er Jahre und thematisiert den Verlust der kulturellen Heimat. So findet in dem Text Zweigs Verzweiflung über die Zerstörung der europäischen Kultur durch die Nazis ihren Ausdruck. Die Novelle ist Zweigs bekanntestes Werk und kann als Warnung vor den Gefahren totalitärer Systeme gelesen werden.
Die Sprache der „Schachnovelle“ ist klare, präzise Prosa. Zweig verzichtet weitgehend auf ausschmückende Stilmittel, stattdessen konzentriert er sich auf die psychologische Darstellung der Figuren. Dass die Rahmenerzählung aus der Ich-Perspektive geschildert wird, schafft eine unmittelbare Nähe zum Geschehen. Mit dem Protagonisten Dr. B. schuf Zweig eine Identifikationsfigur für all jene, die unter der geistigen Verarmung im Exil litten. Dr. B.s Gegenspieler Czentovic steht dagegen für den „neuen Menschen” – ungebildet, aber erfolgreich durch pure Berechnung.
Ein Leitmotiv der „Schachnovelle“ ist der Konflikt zwischen Humanität und Barbarei. Das Schachspiel steht dabei symbolisch für den Kampf zwischen Vernunft und Wahnsinn, Kultur und Unkultur. Weitere wiederkehrende Motive sind Isolation, geistige Umnachtung und der Drang nach Freiheit. Auch die moralische Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in Zeiten politischer Repression wird verhandelt.
„Schachnovelle“ – Rezeption, Wirkung, Interpretation
Seit ihrer Erstveröffentlichung 1942 hat sich Stefan Zweigs „Schachnovelle“ einen festen Platz in der Weltliteratur erobert. Das Buch ist das letzte Werk, das der Autor vor seinem Suizid vollendete und erschien erst nach seinem Tod. Auch wegen dieser Vorgeschichte erlangte es schnell große Aufmerksamkeit und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Im deutschsprachigen Raum entwickelte es sich zum Bestseller.
Die zeitgenössische Rezeption war überwiegend positiv. Lob erhielt der Text u. a. für seine differenzierte Figurenzeichnung und den Spannungsaufbau. Insgesamt wurde die „Schachnovelle“ als gelungene Auseinandersetzung mit den psychologischen Auswirkungen der NS-Diktatur gewertet. Kritische Stimmen warfen Zweig allerdings vor, den Nationalsozialismus zu vereinfacht als reine Idee darzustellen und seine wirtschaftlichen Ursachen zu vernachlässigen.
Heutzutage ist die „Schachnovelle“ ein Klassiker und hält sich standhaft als Schullektüre. Auch zahlreiche Adaptionen als Film, Hörspiel und sogar Oper zeugen von der anhaltenden Popularität des Werks. Der Literaturwissenschaftler Rüdiger Görner bezeichnete die „Schachnovelle“ wegen ihrer psychologischen Tiefe und zeitlosen Thematik als einen „Glücksfall ausgereifter Erzählkunst”.
„Schachnovelle“ – Wissenswertes auf einen Blick
Die „Schachnovelle“ ist Stefan Zweigs letztes und zugleich bekanntestes Werk, das er 1941/42 im brasilianischen Exil schrieb. Zweig vollendete das Manuskript kurz vor seinem Suizid im Februar 1942.
Die Erstausgabe erschien im Dezember 1942 in einer limitierten Auflage von nur 300 Exemplaren in Buenos Aires. In Europa wurde die „Schachnovelle“ erstmals 1943 im Stockholmer Exilverlag von Gottfried Bermann-Fischer veröffentlicht.
Die Route des Passagierdampfers von New York nach Buenos Aires, deckt sich mit Zweigs eigener Emigrationsroute.
Die Figur des Dr. B. basiert möglicherweise auf dem Schicksal des jüdischen Wiener Bankiers Louis Nathaniel von Rothschild, der 14 Monate in Gestapo-Einzelhaft verbrachte – ein Schicksal, das der Isolation von Dr. B. in der Novelle ähnelt.
Zweig selbst war kein begabter Schachspieler. Um die Schachpartien authentisch wiederzugeben, ließ er sich bei den entsprechenden Szenen von Experten beraten.
Das zentrale Schachduell in der Novelle ist an eine reale Partie zwischen Alexander Aljechin und Efim Bogoljubow von 1922 angelehnt. Die Details übernahm Zweig aus einem Schachbuch, das er selbst besaß.
Das Motiv der „Schachvergiftung” greift psychologische Konzepte von Obsession und Persönlichkeitsspaltung auf. Es spiegelt die damaligen Erkenntnisse der Psychoanalyse wider, für die sich Zweig sehr interessierte.
Die „Schachnovelle“ wurde mehrfach verfilmt, unter anderem 1960 mit Curd Jürgens und 2021 unter der Regie von Philipp Stölzl. Auch als Oper, Theaterstück und Hörspiel wurde der Stoff adaptiert.
Die „Schachnovelle“ zählt heute zum Kanon der Weltliteratur und ist eine häufige Schullektüre. Sie wurde in mehr als sechzig Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft.
„Schachnovelle“ auf Audible
Die bei Hörerinnen und Hörern beliebteste Audio-Version der Schachnovelle wird von Hans Jürgen Stockerl gelesen, der die Zuhörenden mit seiner gekonnten Interpretation fesselt. Die Exklusivproduktion von Audible Studios aus dem Jahr 2014 ist eine ungekürzte Fassung, die die gesamte Tiefe der Geschichte mit allen Nuancen erfasst.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
2014 | Deutsch | Hans Jürgen Stockerl | 02:19 | 4,8 / 5 |
Auch die Hörbuchfassung von Christoph Maria Herbst besticht durch nuancierte Stimmführung und eine eindrucksvolle Interpretation der Charaktere. Herbsts Vortrag ermöglicht es den Zuhörenden, voll in die Atmosphäre und die psychologischen Spannungen der Erzählung einzutauchen.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
2009 | Deutsch | 02:26 | 4,6 / 5 |
Dieses eindrucksvolle Hörspiel ist ein Klassiker für sich und wurde 1959 mit mehreren namhaften Sprechern eingespielt. Während Gert Westphal als Erzähler durch die Handlung führt, leihen Willy Trenk-Trebitsch und Mario Adorf den Hauptfiguren Dr. B. und Mirko Czentovic ihre markanten Stimmen. Die atmosphärische Inszenierung macht die beklemmende Situation der zentralen Schachpartie greifbar.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
1959 | Deutsch | Gert Westphal, Mario Adorf, Willy Trenk-Trebitsch | 01:06 | 4,7 / 5 |
In dieser Hörbuchversion wird die Ich-Erzählung von einer Frau eingesprochen. Anna Hartmann entführt uns mit ihrer Stimme auf eine fesselnde Schiffsreise, die uns nicht nur das Alter des Textes vergessen lässt, sondern auch die Männerlastigkeit des Originals.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
2014 | Deutsch | Anna Hartmann | 01:57 | 4,7 / 5 |
Auch eine Hörbuchfassung der Schachnovelle von Georg Peetz darf nicht fehlen. Der Schauspieler und Sprecher ist sozusagen die moderne Hörbuch-Stimme von Stefan Zweig. So hat er auch dessen Werke „Erasmus von Rotterdam – Triumph und Tragik“ sowie „Amerigo“ eingelesen.
Titel | Jahr | Sprache | Erzähler | Dauer | Bewertung |
2013 | Deutsch | Georg Peetz | 02:28 | 4,7 / 5 |
Über Stefan Zweig
Stefan Zweig wurde 1881 in Wien als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren. Schon früh zeigte sich sein literarisches Talent. Während seiner Gymnasialzeit verfasste er erste Gedichte. Nach dem Studium der Literaturgeschichte in Wien unternahm Zweig ausgedehnte Reisen durch Europa und die Welt, die ihn nachhaltig prägten. Als Übersetzer und durch eigene Werke machte er sich bald einen Namen in der literarischen Welt.
In den 1920er und 30er Jahren gehörte Zweig zu den international bekanntesten deutschsprachigen Autoren. Er verfasste zahlreiche Novellen, Romane, Biografien und Essays. Zweigs Stil zeichnet sich durch psychologische Tiefe, dramatische Handlungsverläufe und eine klare, verständliche Sprache aus. Als engagierter Intellektueller setzte er sich für die europäische Sache und gegen Nationalismus ein.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 begann für den jüdischen Schriftsteller eine Zeit der Verfolgung und des Exils. Über Stationen in England und den USA gelangte Zweig nach Brasilien. Dort nahm er sich am 23. Februar 1942, verzweifelt über die Zerstörung seiner geistigen Heimat Europa, gemeinsam mit seiner zweiten Frau das Leben. Stefan Zweig hinterließ ein umfangreiches Werk, das bis heute weltweit gelesen wird und in dem sich sein humanistisches Weltbild ausdrückt. Zu seinen berühmtesten Werken neben der „Schachnovelle“ zählen „Sternstunden der Menschheit“ und seine Autobiografie „Die Welt von Gestern“.
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