Game of Thrones, Das Rad der Zeit, Die Zwerge und Der Herr der Ringe – die großen Fantasy-Epen scheinen allesamt von Männern geschrieben. Zumindest hält sich hartnäckig das Gerücht, Frauen schrieben allenfalls Fantastik im Jugendbuch oder Romantasy.
Aber ist das tatsächlich so?
Mit Das Lied der Krähen hat Leigh Bardugo einen der besten Fantasy-Romane der letzten zwanzig Jahre geschrieben. Das Abenteuer einer Gruppe diebischer Außenseiter ist nicht nur extrem unterhaltsam, sondern auch hervorragend geschrieben und hat weltweit das Publikum im Sturm erobert.
Als ebenso populär gelten die epischen Reihen Throne of Glass und Das Reich der sieben Höfe von Sarah J. Maas. Die Bücher, von den einen geliebt, von den anderen gehasst, mauserten sich nach einem langsamen Start auch hierzulande als Verkaufsschlager.
Und jüngst hat es erfreulicherweise auch die deutschsprachige Autorin Liza Grimm mit dem zweiten Teil ihrer Talus-Reihe auf die SPIEGEL-Bestsellerlisten geschafft. Mit ihrer Sumpfloch-Saga begeisterte Halo Summer bereits hunderttausende Lesende und erweitert die Reihe nun um den Sumpfloch-Mythos.
Ändert sich also etwas in Deutschland? Wird die Fantasy weiblicher?
Vielleicht, zumindest werden Autorinnen auch in der High Fantasy endlich sichtbarer. Tatsache ist allerdings auch, dass Autorinnen schon immer das Genre maßgeblich beeinflusst haben.
Autorinnen haben die Fantasy schon immer geprägt
Die große Ursula K. Le Guin schrieb mit ihrem Erdsee-Zyklus eine der bekanntesten Fantasy-Reihen überhaupt. In Ein Magier von Erdsee erzählt sie eine Geschichte, die heute immer wieder in neuer Form rezipiert wird: ein einfacher Junge vom Land entdeckt die in ihm schlummernden magischen Kräfte und reist an eine berühmte Zauberschule, um sich ausbilden zu lassen.
In gewisser Weise wurde sie damit zu einem Rollenmodell. Zum Beispiel für die australische Autorin Trudi Canavan, die in Die Gilde der schwarzen Magier die aufregende Geschichte vom Straßenmädchen Sonea erzählt, das in einer Schule für Magier aufgenommen wurde und dort eine gefährliche Verschwörung aufdeckt.
Marion Zimmer Bradley prägte mit ihren Darkover-Romanen nicht nur die Science Fiction, sondern verfasste mit Die Nebel von Avalon einen der erfolgreichsten König Artus-Romane überhaupt. Mit ihrem Werk trat die Autorin eine ganze Welle an Sagenadaptionen los, der über Jahrzehnte angehalten hat und in dessen Tradition die derzeit vielbeachtete Madeline Miller steht. In Ich bin Circe deutet sie antike Sagen aus Sicht der vermeintlichen Antagonistin um, ebenso wie das einst Zimmer Bradley in ihrem Weltbestseller mit Morgan Le Fay gemacht hat. HBO Max will Millers Roman nun als achtteilige Serie verfilmen.
Mit Pseudonym zum Erfolg
Robin Hobbs Weitseher-Romane gelten als Juwelen der High Fantasy. Alle paar Jahre wird die Reihe um den königlichen Bastard, der am Hof seines Vaters zum Meuchelmörder und Magier erzogen wird, neu aufgelegt und ist bei Kritik wie Lesenden gleichermaßen beliebt. Die Autorin selbst veröffentlichte ab Mitte der 80er-Jahre bewusst unter einem genderneutralen Namen, um ihren Büchern im Handel und bei der Leserschaft mehr Chancen einzuräumen.
Das Konzept ging auf. Zuvor hatte sie als Megan Lindholm veröffentlicht - mit mäßigem Erfolg. Bereits mit ihrem ersten Robin Hobb-Band wendete sich das Blatt.
Ist das heute so anders?
Tatsächlich tauchen in den letzten Jahren immer öfter auch High und Dark Fantasy-Romane deutschsprachiger Autorinnen in den Fantasyregalen auf:
»Man braucht die Dunkelheit, um stärker leuchten zu können.«
Mit Die Götter müssen sterben adaptierte Nora Bendzko den Sagenkreis um den Fall um Troja aus Sicht der Amazonen. Dafür erarbeitete sie für diese Kämpferinnen sehr überzeugend einen vielschichtigen kulturellen Hintergrund. Ihre Götter und Göttinnen, ihre Heldinnen, Feindbilder und Helden sind mitunter so wild und brutal wie man das von einem Buch über einen Krieg auch erwarten darf. Schöngeredet wird hier nichts.
Berlin Monster – Nachts sind alle Mörder grau von Kim Rabe ist ein spannender Urban Fantasy-Krimi in einer fiktiven Version unserer Hauptstadt, in der vor dreißig Jahren die Strahlung einer Bombe den Aberglauben der Menschen lebendig werden ließ.
Winters zerbrechlicher Fluch von Julia Adrian beginnt vielleicht wie eine Märchenadaption um eine verschmähte Prinzessin und einen magischen Glasschuh. Aufgrund der zahlreichen Hauptfiguren, der Spione, Blutpriesterinnen und sorgfältig gesponnenen Intrigen erinnert die Trilogie jedoch schnell eher an Game of Thrones als an einen Disney-Film.
Aus ähnlich vielen Perspektiven erzählt Laura Kneidl in Die Krone der Dunkelheit eine epische Geschichte vom blutigen Kampf der Menschen gegen das Volk der Fae.
Und C. E. Bernard sieht ihre High Fantasy-Trilogie Die Wayfarer-Saga beeinflusst vom Herrn der Ringe, den Hexer-Romanen von Andrzej Sapkowski und von der Tradition des Geschichtenerzählens selbst.
Vor allem im fantastischen Jugendbuch sind weibliche Autorinnen extrem erfolgreich.
Man denke nur an Cornelia Funke und Kerstin Gier oder deren US-Kolleginnen Diana Wynne Jones und Cassandra Clare.
Fantastische Schätze
Aufgrund von Romanen wie Die rote Königin von Victoria Aveyard, Elfenkrone von Holly Black und vor allem der Bücher der eingangs erwähnten Sarah J. Maas macht man weiblichen Fantasy-Autoren oft den Vorwurf, zu romantisch, zu märchenhaft und/oder zu emotional zu erzählen.
Das ist in zweierlei Hinsicht unangebracht.
Zum einen beweisen Autorinnen wie Uschi Zietsch (Die Chroniken von Waldsee), Maja Ilisch (Das gefälschte Siegel) und Ju Honisch seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, dass auch deutschsprachige Frauen hervorragende High Fantasy schreiben.
Zum anderen ist die Unterstellung, gefühlvolle Fantasyromane oder die Fantasy im Jugendbuch seien im Vergleich zur klassischen High Fantasy minderwertig, nicht nur beleidigend, sondern auch falsch.
Niemand käme auf die Idee, Michael Endes Die unendliche Geschichte oder Otfried Preußlers Krabat ihren Stellenwert im Genre abzusprechen. Die Romane von Nina Blazon, Jenny-Mai Nuyen und Juliet Marillier müssen den Vergleich zu diesen Büchern keinesfalls scheuen.
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