„Der Schuss von der Kanzel“ von Conrad Ferdinand Meyer – Inhalt und Interpretation
In unserer Analyse der Novelle „Der Schuss von der Kanzel“ von Conrad Ferdinand Meyer findest du eine kompakte Inhaltsangabe, Figurencharakterisierungen und Hintergründe zur Bedeutung des Werks.
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Titel
Autor
Conrad Ferdinand Meyer
Erschienen
1877
Umfang
circa 61 Seiten
Epoche
Realismus
Genres
Historische Novelle, Satire
Handlungszeitraum
Ende des 17. Jahrhunderts
Zentrale Themen
Religionskritik
Gesellschaftskritik
Liebe und Heirat
Militärisches Leben
Familienbeziehungen
Adaptionen
Filmversion unter der Regie von Leopold Lindtberg (1942)
Bewertung
Über „Der Schuss von der Kanzel“
Der Schuss von der Kanzel ist eine humorvolle Novelle des Schweizer Schriftstellers Conrad Ferdinand Meyer, die 1878 erstmals veröffentlicht wurde. Die Geschichte spielt in einem Schweizer Dorf und dreht sich um einen ungewöhnlichen Vorfall während eines Gottesdienstes. Meyer, der für seine historischen Novellen bekannt ist, zeigt in diesem Werk seine Fähigkeit, ernste Themen mit Humor zu verbinden. Die Novelle ist in elf Kapitel gegliedert und erreicht ihren Höhepunkt im neunten Kapitel mit dem titelgebenden „Schuss“.
Die Handlung basiert auf einer wahren Begebenheit, die sich mit einem Pfarrer in Heidelberg zugetragen haben soll. Meyer griff diese Anekdote auf und verarbeitete sie zu einer vielschichtigen Erzählung über Liebe, Standesunterschiede und die Macht des Zufalls. Die Geschichte wurde so beliebt, dass sie 1942 sogar verfilmt wurde. Mit ihrer Mischung aus Witz, Romantik und gesellschaftlicher Kritik bietet Der Schuss von der Kanzel einen unterhaltsamen Einblick in das Leben und die Sitten des 19. Jahrhunderts.
Handlung von „Der Schuss von der Kanzel“
Die Novelle beginnt mit einem Gespräch zwischen zwei Geistlichen auf dem Weg zum Landungsplatz Obermeilen. Einer von ihnen, der Kandidat Pfannenstiel, plant, den General Wertmüller auf dessen Landsitz Au zu besuchen, um ihn um eine Feldkaplanstelle zu bitten. Trotz Warnungen seines Kollegen Rosenstock begibt sich Pfannenstiel zum General.
Auf der Au angekommen, wird Pfannenstiel zunächst schroff empfangen, dann aber vom General zu einem Gespräch eingeladen. Wertmüller erkennt schnell, dass der wahre Grund für Pfannenstiels Besuch dessen Liebe zu Rahel, der Tochter des Pfarrers von Mythikon, ist. Der General, der als Pate Rahels fungiert, schmiedet daraufhin einen Plan, um die beiden zusammenzubringen.
Am nächsten Tag besucht der General den Gottesdienst in Mythikon. Während der Predigt kommt es zu einem skandalösen Vorfall: Ein Schuss fällt von der Kanzel. Es stellt sich heraus, dass der General dem Pfarrer heimlich eine geladene Pistole untergeschoben hat. Der Vorfall erregt großes Aufsehen in der Gemeinde.
Um die Situation zu entschärfen, eröffnet der General den Kirchenältesten, dass er in seinem Testament der Gemeinde ein Waldstück vermachen will – unter der Bedingung, dass über den Vorfall geschwiegen wird. Gleichzeitig verkündet er, dass er Rahel mit Pfannenstiel verheiraten und diesem die Pfarrstelle in Mythikon übertragen möchte. Der bisherige Pfarrer soll stattdessen ein Schloss mit Jagdgründen erhalten, was seiner Leidenschaft für die Jagd entgegenkommt.
Die Geschichte endet mit der Verlobung von Rahel und Pfannenstiel. Der General reist kurz darauf ab und stirbt unter mysteriösen Umständen in einem deutschen Städtchen. Sein Testament bleibt jedoch gültig, sodass Pfannenstiel und Rahel heiraten können und der ehemalige Pfarrer sein neues Jagdschloss erhält. Der „Schuss von der Kanzel“ wird, wie vom General geplant, zu einer unausgesprochenen Legende am Zürichsee.
Ort und Zeit der Handlung
Die Novelle spielt am Zürichsee, insbesondere in Mythikon und Ütikon, sowie auf der Halbinsel Au. Diese malerische Umgebung aus Kirchen, Pfarrhäusern und Weinbergen bildet den Hintergrund der Erzählung. Der See spielt dabei eine wichtige Rolle als Verbindungsweg zwischen den Schauplätzen.
Zeitlich ist die Geschichte im späten 17. Jahrhundert angesiedelt, vermutlich um das Jahr 1680. Dies wird durch Hinweise wie die Erwähnung des Dreißigjährigen Krieges als vergangenes Ereignis und den General als ehemaligen Diener der Republik Venedig deutlich. Die Handlung erstreckt sich über wenige Herbsttage, beginnend an einem Samstagabend und endend am darauffolgenden Montag.
Die wichtigsten Figuren in „Der Schuss von der Kanzel“
General Rudolf Wertmüller
Der listige General ist die zentrale Figur der Novelle. Seine Gewitztheit und sein Humor treiben die Handlung voran.
Pfarrer Wilpert Wertmüller
Der Cousin des Generals ist hin- und hergerissen zwischen seiner Leidenschaft für die Jagd und seinem geistlichen Amt.
Rahel Wertmüller
Die selbstbewusste Tochter des Pfarrers und Patenkind des Generals kämpft für ihre Liebe zu Pfannenstiel.
Pfannenstiel
Der schüchterne Vikar entwickelt sich zum mutigen Partner Rahels und steht für den Konflikt zwischen Glauben und menschlichen Gefühlen.
Leitmotive und Hintergrund
Conrad Ferdinand Meyers Novelle Der Schuss von der Kanzel entstand 1877 und reflektiert die Spannungen zwischen traditionellen kirchlichen Werten und einer zunehmend säkularen Gesellschaft. Ein zentrales Motiv ist der Gegensatz zwischen Schein und Sein: Der Pfarrer, der heimlich eine Pistole mit sich führt, symbolisiert die Diskrepanz zwischen äußerer Frömmigkeit und inneren Neigungen. Auch der General verkörpert diesen Konflikt, indem er als vermeintlicher Freigeist letztlich moralisch handelt.
Die Novelle behandelt ethische Fragen wie die Verantwortung geistlicher Amtsträger und den Umgang mit Schuld. Meyers Sprache ist präzise und humorvoll, wodurch ernste Themen leicht zugänglich gemacht werden. Die vielschichtigen Beziehungen zwischen den Figuren und die List des Generals, die die Handlung vorantreibt, machen die Novelle zu einem zeitlosen Werk.
Rezeption und Wirkung
Der Schuss von der Kanzel wurde 1878 bei seiner Veröffentlichung von Zeitgenossen positiv aufgenommen. Das humorvolle Werk besticht durch geistreichen Witz und die geschickte Verknüpfung von historischem Hintergrund mit fiktiver Handlung. Meyers präzise Sprache und seine Fähigkeit, komplexe Charaktere zu erschaffen, wurden besonders gelobt.
Die Novelle etablierte sich schnell als beliebter Bestandteil von Meyers Gesamtwerk. Über die Jahre wurde sie häufig im Deutschunterricht behandelt, um die realistische Erzählkunst des 19. Jahrhunderts zu illustrieren. Die Verfilmung von 1942 trug dazu bei, die Geschichte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Auch heute noch wird die Novelle als zeitloses Beispiel für Meyers Erzählkunst geschätzt.
Wissenswertes zu „Der Schuss von der Kanzel“
Die Novelle basiert auf der Anekdote eines Pfarrers, der während der Predigt versehentlich eine Pistole abfeuerte.
Meyer schrieb die Novelle zwischen Mai und August 1877, inspiriert von Gottfried Kellers Werken.
Humor dient in der Novelle als Mittel zur Kritik an sozialen und religiösen Konventionen.
Die Verfilmung von 1942 unter der Regie von Leopold Lindtberg brachte das Werk auf die Leinwand.
Trotz der humoristischen Erzählweise behandelt Meyer tiefgründige Themen wie Macht, Schuld und menschliche Schwächen.
Conrad Ferdinand Meyer (1825 – 1898) war ein bedeutender Schweizer Schriftsteller des Realismus und zählt neben Gottfried Keller und Jeremias Gotthelf zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren des 19. Jahrhunderts. Meyer stammte aus einer angesehenen Zürcher Familie und hatte eine schwierige Jugend, geprägt von psychischen Problemen. Erst mit 46 Jahren gelang ihm der literarische Durchbruch mit dem Gedichtzyklus „Huttens letzte Tage“.
Zu seinen bekanntesten Werken zählen neben Der Schuss von der Kanzel weitere historische Novellen und Romane wie „Jürg Jenatsch“ und „Die Hochzeit des Mönchs“. Auch als Lyriker wurde er durch Balladen wie „Die Füße im Feuer“ hoch geschätzt. Stilistisch zeichnen sich Meyers Texte durch sprachliche Prägnanz und einen dichten, knappen Erzählstil aus. Häufig verwebt er eine Rahmen- mit einer Binnenhandlung und lässt historische Persönlichkeiten als Nebenfiguren auftreten.
Trotz seines Erfolgs litt Meyer immer wieder unter Depressionen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er zurückgezogen in Kilchberg am Zürichsee. Seit 1938 vergibt die Stadt Zürich zu seinen Ehren den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis für deutschsprachige Literatur. Viele seiner Novellen und Gedichte wurden vertont oder verfilmt.