Von Erin McReynolds, Deutsch von Ute Esken
Für Schüler mit Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) kann schon das Lesen einfachster Sätze ermüdend sein. Nehmen wir zum Beispiel Clara Thorsen, 8, eine begabte Drittklässlerin aus Nashville. Bei ihr wurde im letzten Jahr eine schwere Leseschwäche diagnostiziert. Selbst an einem guten Tag und nach Monaten intensiver Leseförderung durch die Schule werden für Clara nach nur ein paar Minuten Lesen die Sätze oft zu unverständlichem Kauderwelsch. “Seit sie sich im Bett aufsetzen konnte, wollte sie Bücher haben”, erinnert sich ihre ebenfalls von Lese-Rechtschreib-Schwäche LRS betroffene Mutter, Anna Thorsen. „Bald mussten wir traurig feststellen, dass sie keine Bücher lesen konnte, so sehr sie sie auch liebte und wollte.“ Hörbücher sind schon länger ein großes Geschäft und über die Jahre besonders geworden. Zunehmend werden sie aber auch von Schülern mit Leseproblemen benutzt, und zwar mit Methoden, die simultanes Lesen und Hören eines Textes erlauben. Experten sagen, dass Technologien wie „“ von Audible wichtige Werkzeuge geworden sind, um den Lesefluss gerade bei denen zu verbessern, die sich damit besonders schwer tun. Diese Tools befähigen sie zum Lesen von Inhalten, die ihnen sonst unzugänglich bleiben würden.
Leseverständnis nimmt beim Hören zu
Es gibt erst wenig Forschung, die sich mit der Effektivität solcher Technologien speziell bei Lese-Rechtschreib-Schwäche befasst. Aber in anderen Lernbereichen belegen einige Studien die Wirksamkeit. So haben z.B. Forscher an der Victoria University in Neuseeland herausgefunden, dass Englischschüler bei Tests zum Leseverständnis besser abschneiden, wenn sie die Texte eine Woche lang lesen und hören, als ihre ausschließlich lesenden Mitschüler. Auch die Hirnforschung bestätigt die Vorteile gleichzeitigen Lesens und Hörens. belegen, dass der präfrontale Cortex im Gehirn bei aufmerksam lauschenden Schülern genauso aktiv ist, als würden sie gedruckten Text lesen. erklärt: Dieselben Fähigkeiten, die Kindern bei der Verarbeitung gesprochener Sprache helfen – „Voraussagen, Beobachtung, Verbinden mit Hintergrundwissen und Zusammenfassung“ – werden auch verwendet, um geschriebene Sprache zu verarbeiten. Das hat eine enorme Bedeutung, denn es räumt auf mit dem alten Mythos, dass das Hören eines Buches kein „richtiges“ Lesen sei. Selbst für Menschen ohne eine Lesebehinderung wird das Hören eines Textes so „zur echten Alternative zum Gedruckten“.
Leseerfahrung auf mehrere Sinne verteilen
Die Fachwelt ist sich einig: Wir brauchen mehr Forschung mit Fokus auf simultanes Lesen und Hören, um Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche zu helfen. In der Zwischenzeit zeigt die Erfahrung, dass die Methode wirklich funktioniert. Lese-Rechtschreib-Schwäche ist, technisch gesehen, eine Schwäche, die auf geschriebenen Buchstaben beruht. Mit intellektuellen Fähigkeiten hat das gar nichts zu tun. Lese-Rechtschreib-Schwäche bezeichnet die Unfähigkeit, Wörter zu entschlüsseln, ihren „Code“ zu knacken oder die notwendige Verbindung zwischen Buchstaben und Lauten herzustellen. Das bedeutet: Ein Fünftklässler kann altersgerechte Bücher möglicherweise problemlos verstehen. Tatsächlich lesen kann er/sie aber nur Bücher für Drittklässler. An der Eagle Hill Southport Schule für Kinder mit Lern- und Entwicklungsdefiziten in Fairfield, Connecticut, ist das bei vielen Schülern der Fall. “Wenn wir Schülern, die nicht dekodieren können, Bücher im Hörformat geben, ermöglichen wir ihnen ein höheres Lese-Level”, sagt Sharon Plante, eine Sonderpädagogin der Schule. Die Schüler von Eagle Hill benutzen iPads mit einer Standardeinstellung, die Text in Sprache umsetzt und ihnen erlaubt, einzelne Textpassagen zu markieren oder sich auch mal eine ganze Seite laut vorlesen zu lassen. Dadurch wird die Leseerfahrung auf mehrere Sinne verteilt. “Wenn ein Kind gleichzeitig hört und hinschaut, unterstützt das die Verbindung zwischen Klang und Symbol”, sagt Jamie Martin, ehemalige Lehrerin und Technologieberaterin in Connecticut. „Je mehr Sinne man einsetzt, umso mehr bleibt im Kopf hängen.“