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Leipziger Buchmesse 2025: Was bleibt? Einblicke & Buchtipps

Leipziger Buchmesse 2025: Was bleibt? Einblicke & Buchtipps

Die Leipziger Buchmesse ist einer der wichtigsten Treffpunkte für die Buch- und Hörbuchwelt im deutschsprachigen Raum. Welche Trends sich abzeichnen, welche Titel in diesem Jahr herausstachen und welche Begegnungen im Gedächtnis blieben – darüber schreibt Janina Ottma, freie:r Online-Redakteur:in und seit 2018 im Audible-Blog-Redaktionsteam. Neben der Einordnung des Erlebten blickt Janina auf inspirierende Veranstaltungen zurück und hat Empfehlungen für dich im Gepäck – ob auf dem Papier oder als Hörbuch.


Einer der eindrucksvollsten Programmpunkte der diesjährigen Leipziger Buchmesse für mich: der Auftritt von Stève Hiobi. Auf TikTok bekannt als „deinbrudersteve“, schafft er es, ein großes Publikum für afrikanische Geschichte, Postkolonialismus und globale Zusammenhänge zu sensibilisieren.

Im Gespräch mit Vivian Perkovic auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat über sein 2024 erschienenes Sachbuch All about Africa machte Hiobi deutlich: Afrika ist kein Monolith. Mit 54 Staaten und rund 1,5 Milliarden Menschen ist es ein Kontinent mit enormer Vielfalt und kultureller Tiefe – dessen historischer Einfluss weit über das hinausgeht, was in europäischen Schulbüchern thematisiert wird.

Hiobi fordert mehr Neugier, mehr Bildung, mehr Gesprächsbereitschaft – nicht nur im Hinblick auf die Geschichte Afrikas, sondern auch auf aktuelle Entwicklungen. Warum wird über afrikanische Innovationskraft so selten gesprochen? Warum kennt hierzulande zum Beispiel kaum jemand Bezahlsysteme wie M-Pesa aus Kenia, obwohl sie in anderen Teilen der Welt längst als Vorbild für inklusives Banking gelten?

Ich wünsche mir, dass das, was Hiobi sagt, mehr Gehör findet – auch und gerade in solchen Räumen, die sich mit Literatur und medialer Repräsentation beschäftigen.

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Provokant gewählt – und doch erschreckend treffend – war der Titel der Diskussion „Demokratiefeind Social Media?“, die am Sonntag im Forum Offene Gesellschaft stattfand. Hier ging es um Fragen wie: Was passiert, wenn milliardenschwere Konzerne die Infrastruktur öffentlicher Debatten kontrollieren, ohne demokratische Kontrolle? Wenn progressive Stimmen auf Plattformen wie X systematisch gelöscht werden, während autoritäre Narrative Reichweite erhalten?

Moderiert wurde die Runde von Prof. Lena Falkenhagen, Bundesvorsitzende des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Auf dem Podium saßen Physiker und Wissenschaftskommunikator Dr. Holm Gero Hümmler, der sich seit Jahren mit Verschwörungserzählungen und Pseudowissenschaften beschäftigt – so zum Beispiel in seinem 2023 erschienenen Titel Fakt und Vorurteil.

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Hümmler teilte sich die Bühne mit dem Diplompsychologen und Podcaster Alexander Waschkau sowie Publizist und Dozent Dr. Utz Anhalt, der sich unter anderem mit politischer Kommunikation, Medienethik und Geschichte befasst.

In der Diskussion wurde vor allem eines deutlich: wie tiefgreifend sich Wahlkämpfe verändert haben. Klassische Medien sind reguliert – Social Media hingegen nicht. Dabei, so Waschkau, entstehen auf Plattformen wie TikTok oder X nicht einfach nur Stimmungen, sondern systematische Trends, häufig befeuert durch Bot-Farmen oder autoritäre Staaten mit klarer Agenda.

Hümmler warnte eindringlich vor der Dynamik von Empörung und Emotionalisierung: Wer sich primär auf TikTok informiere, sei nicht nur anfälliger für Falschinformationen, sondern neige auch häufiger zu rechtsextremen und verschwörungsideologischen Positionen. Dies würden Studien belegen. Demnach belohnen Algorithmen Empörung – und das in einer Umgebung, in der keine Interaktion mehr nötig sei. Verweildauer reiche, um den Diskurs zu verzerren.

Utz Anhalt zeigte derweil eindrücklich rechtliche Schieflagen auf: Während für Pressemedien Impressumspflicht, Sorgfaltspflicht und journalistische Ethik gelten, sind soziale Medien bislang weitgehend unreguliert – obwohl sie Millionen von Menschen mit Inhalten versorgen, oft ohne jede journalistische Prüfung.

Aus der hochrelevante Diskussion habe ich vor allem einen Gedanken mitgenommen: Medienkompetenz allein reicht nicht mehr aus. Was wir brauchen, ist meiner Ansicht nach eine ernsthafte Auseinandersetzung mit digitaler Macht – und der Frage, ob der Pressekodex nicht längst auch für soziale Netzwerke gelten müsste.

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Am Freitagmittag sprach Eckart von Hirschhausen auf der ARD/ZDF/3sat-Literaturbühne mit Moderatorin Katty Salié über sein neues Buch Der Pinguin, der fliegen lernte. Ein Gespräch, das humorvoll begann, anschließend aber überraschend ernst wurde.

„Mit dieser Geschichte lernt jeder von uns fliegen“, sagte von Hirschhausen über das Buch. Es basiert auf einer seiner beliebtesten Bühnen-Anekdoten, die er nun mit Hilfe von Naturfotograf Stefan Christmann vertieft hat. Der Pinguin – dick, unbeholfen an Land, flugunfähig – wird dabei zum Symbol für all jene, die sich auf der Welt fehl am Platz fühlen. In der Geschichte wandelt sich das Tier aber auch zur Metapher für ein gelingendes Leben. Denn: „Wenn wir in unser Element kommen, können wir glänzen.“

Von Hirschhausens Pinguin-Gleichnis ist nicht nur lebensklug, sondern auch zutiefst politisch. „Wie überleben Pinguine in einer der lebensfeindlichsten Umgebungen der Welt? Indem sie zusammenstehen. Da können wir als Menschen uns etwas abschauen.“ Sein Appell: Klimaschutz nicht nur wissenschaftlich, sondern emotional zu denken. „Hinter dieser vermeintlich harmlosen Pinguingeschichte steht mein Ziel, dass Emissionen gesenkt werden. Mit Liebe zur Natur kommen wir dazu. Denn wenn wir etwas lieben, schützen wir es.“

Was bleibt, ist für mich ein ebenso unterhaltsamer wie eindrücklicher Auftritt eines Autors, der als Mediziner begann, sich in der Comedy einen Namen machte und inzwischen eine prominente Stimme für planetare Gesundheit ist. Ein Satz, der nachklingt: „Gesunde Menschen gibt es nur zusammen mit gesunden Tieren auf einer gesunden Erde.“

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Am Samstagmittag war die Literaturbühne in der Glashalle bis auf den letzten Platz gefüllt. Kein Wunder, denn Hape Kerkeling war zu Gast. Im Talk mit Ariane Binder (ZDF) sprach er über Gebt mir etwas Zeit. Meine Chronik der Ereignisse, sein neues Buch, das persönliche Erinnerungen, Ahnenforschung und historische Spurensuche originell miteinander verwebt.

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„Das ist ein niederländischer Name. Zur Renaissance bin ich in Amsterdam gelandet. Dann bin ich bei einem Bergarbeiterkind aus Recklinghausen gelandet“, erzählt Kerkeling über seine Recherche zu den Kerckrings. Seine Ahnen reichen bis ins Goldene Zeitalter der Niederlande zurück, und die Frage, woher er kommt, wird für ihn zu einer existenziellen Auseinandersetzung mit Herkunft, Identität und Zugehörigkeit.

Dabei war Kerkeling wie immer humorvoll, aber auch überraschend offen. „Mein Großvater war Kommunist, er war im KZ Buchenwald“, erzählt er nüchtern. Und weiter: „Ich musste lang mein Schwulsein verstecken.“ Besonders bewegend war für mich sein Rückblick auf seine erste große Liebe, einen Mann aus Amsterdam, der Mitte der 1980er an Aids starb. „Wie wenig Hilfe es damals gab“ – daran erinnert sich der 60-Jährige.

Was ihn zum Schreiben motiviert habe? „Was ist die Aufgabe, die ich habe in meinem Leben?“, antwortet er mit einer Gegenfrage, und fügt dann hinzu: „Das Leben geht weiter, so oder so. Am Ende muss sich jeder wieder selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen. Dabei hilft uns, zu wissen, wer unsere Ahnen waren.“

Mich hat überrascht, wie kritisch Kerkeling wurde. Ob bezüglich der Entwicklung des Fernsehens („Früher haben wir für eine Samstagabendshow eine Woche lang geprobt. Heute ist es ein Nachmittag. Da kann nichts Gutes bei rauskommen.“) oder des Zustands der Demokratie: „Wir erleben, dass sich USA, Russland und China gegen uns wenden. Wir werden wie Kinder im Regen stehengelassen. Wir müssen viel mehr Kraft aufwenden, um diese Demokratie zu erhalten, wie wir sie uns vorstellen. Humor hilft, aber auch Entschlossenheit – hier besonders, in Leipzig, der Stadt der Freiheit.“

Kerkeling kann also beides: persönliche Tiefe und politische Klarheit. Für mich war das Gespräch ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass Erinnern, Erzählen und Humor nicht nur zusammengehören, sondern manchmal überlebenswichtig sein können.

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Auch am Sonntagnachmittag zog es mich zur ARD/ZDF/3sat-Literaturbühne in der Glashalle. Dieses Mal sprach MDR-Kultur-Moderator Kais Harrabi mit Kristine Bilkau, die in diesem Jahr mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik ausgezeichnet wurde. Ihr Roman Halbinsel hat mich schon im Vorfeld interessiert – und das Gespräch hat das Interesse noch vertieft.

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Auf die Frage, ob sie mit dem Preis gerechnet habe, antwortete Bilkau deutlich: „Nein, damit hab ich nicht gerechnet. Man kann sich darauf nicht vorbereiten. Man muss es auf sich zukommen lassen.“ Anschließend sprach sie tastend, konzentriert und offen über ihr Buch – eine Mutter-Tochter-Geschichte, die weit über das Persönliche hinausweist.

Im Mittelpunkt stehen Annett, Ende 40, und ihre Tochter Linn, Mitte 20. Nach einem Zusammenbruch in Berlin zieht Linn vorübergehend zu ihrer Mutter an die Nordsee – ein geplanter Kurzaufenthalt, der sich unerwartet ausdehnt. „Ich wusste, dass ich das große Ganze konstruiere. Wo sich die Krisen verdichten, aber als Mutter-Tochter-Geschichte“, sagte Bilkau. Die Entscheidung, ausschließlich aus Annetts Perspektive zu erzählen, traf sie ganz bewusst: „Ich wollte die Leserschaft nicht entlasten – aha, das denkt die Tochter. Das wollte ich nicht.“

Mich hat beeindruckt, wie behutsam Bilkau sich über Generationenunterschiede äußerte – nicht wertend, sondern fragend. Linn engagiert sich in der Umweltberatung, hat früher fürs Klima protestiert, ist zerrieben zwischen Anforderungen und Erschöpfung. Annett dagegen steht für die Generation der Wirtschaftswunderkinder: Sicherheit, Kontrolle, Beharrlichkeit.

„Beide Generationen haben einen unterschiedlichen Blick auf die Welt“, so Bilkau. „Die Mutter ist von ganz anderen Problemen geprägt. Berufliche, finanzielle Sicherheit. Für Linn sind es andere Probleme.“ Bilkaus Blickwinkel ist einer, der meiner Ansicht nach häufiger vertreten werden sollte. Nämlich ein vereinender: „Wir müssen wohlwollend über Generationen sprechen“, sagte die Autorin. Ich stimme zu.

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Ob politische Sachbücher, Biografien oder Belletristik – die Leipziger Buchmesse 2025 hat erneut gezeigt, wie vielfältig das Hörbuchjahr wird. Hol dir die aktuellsten Hörtipps bei Audible. Falls du Audible noch nicht ausprobiert hast: Im Probemonat streamst du unbegrenzt tausende von Hörbüchern, Hörspielen und Original Podcasts. Zusätzlich erhältst du einen kostenlosen Titel, den du für immer behalten kannst.