Die erste Liebe. Der erste Liebeskummer. Größere Schritte in die Selbstbestimmung: Darum geht es in Coming-of-Age-Büchern. Sie begleiten Jugendliche durch die wohl aufregendste und schwierigste aller Lebensphasen - und wecken bei erwachsenen Lesern nostalgische Gefühle.
Was versteht man unter Coming-of-Age-Büchern?
Der Begriff leitet sich vom Englischen „to come of age“ ab, was „mündig, volljährig werden“ bedeutet. Der Coming-of-Age-Roman verknüpft den Reifeprozess des Protagonisten mit grundlegenden Fragen über das Leben und die Liebe. Sehr häufig blickt der Held dabei aus einer Außenseiter-Perspektive auf die Gesellschaft. Um die Entwicklung in Gang zu setzen, ereilt ihn nicht selten ein Schicksalsschlag, wie der Tod einer nahestehenden Figur. Genretypisch ist der verdichtete Zeitraum, in dem die Handlung sich abspielt – etwa ein einziger Sommer. Im Deutschen werden auch die Bezeichnungen "" und "Entwicklungsroman" verwendet.
Bei der Auswahl der besten Coming-of-Age-Bücher haben wir auf möglichst unterschiedliche Protagonisten geachtet. So können Leser und Hörer wählen, was sie bewegt und interessiert. Außerdem haben es nur Bücher in unsere Liste geschafft, die bei Audible, Amazon sowie auf gängigen Rezensionsportalen gute Noten bekamen. Viele der hier vorgestellten Titel gewannen Literaturpreise. Letztlich bleibt unsere Auswahl aber subjektiv.
Jung und trans: Besondere Coming-of-Age-Romane
Der Coming-of-Age-Roman ist vielfältiger geworden: Immer häufiger erzählen Autoren von Jugendlichen, die jenseits der Cis-Heteronormativität ihren Weg finden. In diesen Jugendromanen sind die Helden trans.
Morgan und Eric kennen sich schon ihr ganzes Leben. Ihre Eltern haben sich am Tag ihrer Geburt angefreundet. Jedes Jahr feiern die besten Freunde zusammen ihren Geburtstag. Doch Morgan hat ein Geheimnis, das er (noch) nicht mit Eric teilen kann: Er fühlt sich nicht wie ein Junge, sondern wie ein Mädchen.
Birthday ist eine raffiniert komponierte und sensibel erzählte Liebesgeschichte. Statt einer durchgehenden Handlung begegnen sich die Freunde nur an ihrem gemeinsamen Geburtstag. Durch den tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten haben Leser das Gefühl, die beiden Helden genau zu kennen. Meredith Russo, die selbst als Mädchen in einem männlichen Körper geboren wurde, ist ein einfühlsamer Coming-of-Age-Roman gelungen. Das Buch wurde für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2022 nominiert.
Yadriel weiß, dass er ein „brujo“, ein Hexer – ist. Schließlich besitzen alle in seiner Familie magische Kräfte. Trotzdem soll Yadriel nicht beim Ritual am Dìa de Muertos mitmachen, obwohl es ihm übersinnliche Kräfte verleihen würde. Der Grund: Yadriel ist trans - und damit in den Augen seiner Familie kein „normaler“ Junge. Zum Glück steht seine Cousine Maritza ihm bei, und so gelingt Yadriel seine erste Geisterbeschwörung selbst. Oder fast. Der Geist, der plötzlich vor ihm steht, ist Julian – der coolste, aber auch rebellischste Typ, der je an Yadriels Highschool war. Julian will herausfinden, wie er gestorben ist. Auf der Suche nach seinem Mörder entsteht eine zarte Freundschaft zwischen den Cemetery Boys – und dann mehr.
Aiden Thomas verpackt die Themen Transgender und Identitätsfindung in eine faszinierende queere Fantasy-Story mit liebenswerten Charakteren und magischen Elementen aus der lateinamerikanischen Kultur. Der "New York Times"-Bestseller wurde in den USA als wichtiger Beitrag zur #ownvoice-Bewegung gewertet. Am 28. Juni erscheint die langerwartete deutsche Übersetzung.
Coming-of-Age-Romane für Mädchen ab 14
Die männliche Perspektive ist im Coming-of-Age-Roman häufiger vertreten als die weibliche - da gibt es eindeutig Nachholbedarf. In diesen Romanen reifen Mädchen zu jungen Frauen. In einem Fall sogar noch im Jenseits.
Es läuft perfekt für Samantha Kingston: Sie ist hübsch, beliebt und hat einen coolen Freund. Dann endet ihr junges Leben abrupt – sie stirbt bei einem Autounfall nach einer Party. Damit beginnt die Geschichte allerdings erst. Samantha wacht am Morgen desselben Tages wieder auf. Siebenmal bekommt sie die Chance, den Tag anders zu gestalten und dadurch – vielleicht – ihr Leben zu retten. Aber geht es darum überhaupt?
Wie sich Samantha von einer oberflächlichen Zicke in eine mitfühlende junge Frau verwandelt, erzählt Lauren Olivier in ihrem erfolgreichen Coming-of-Age-Roman Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie. Dabei legt sie nach und nach die Geheimnisse ihrer Protagonisten frei.
Auch in Sag den Wölfen, ich bin zu Hause von Carol Rifka Brunt steht ein Mädchen im Teenager-Alter im Mittelpunkt der Erzählung: June hat eine innige Beziehung zu ihrem Onkel Finn, einem Maler. Als Finn an Aids stirbt, nimmt sein Geliebter Toby Kontakt zu June auf. Zwischen den beiden Trauernden entsteht eine komplexe Freundschaft, die sie geheimhalten müssen. Denn Junes Mutter hält Toby für den Mörder ihres Bruders Finn.
Dieses Buch lässt seine Leser in das Lebensgefühl der Achtzigerjahre eintauchen. Homosexualität ist ein Tabuthema, Aids eine unheimliche Seuche, die Todesangst verbreitet. Ein tiefgründiger Coming-of-Age-Roman über Trauer, Versöhnung und Familienzusammenhalt – einfühlsam gelesen von der Schauspielerin Jodie Ahlborn.
Coming-of-Age-Bücher für Jungs ab 14
Wann ist ein Mann ein Mann? Diese Frage steht im Zentrum der folgenden Coming-of-Age-Romane. Die Antwort fällt ganz unterschiedlich aus.
Alle sind zur Party der schönen Tatjana eingeladen – bis auf den vierzehnjährigen Maik, den sie in der Schule „Psycho“ nennen. Und bis auf Andrej, der mit einer Alkoholfahne zum ersten Schultag erscheint und schnell den Spitznamen „Tschick“ weghat. Die beiden Außenseiter tun sich zusammen. Als Tschick vorschlägt, mit einem geklauten Lada in die Walachai zu fahren, hat Maik Bedenken: Immerhin hat keiner der beiden einen Führerschein. Doch dann beginnt ein abenteuerlicher Trip durchs sommerliche Ostdeutschland, der Maiks Weltsicht verändern wird.
Wolfgang Herrndorfs Coming-of-Age-Roman Tschick wurde vielfach ausgezeichnet, erfolgreich verfilmt und gehört mittlerweile zur Schullektüre. Marius Clarén liest die kultige Roadnovel mit Gespür für den pointierten Sprachwitz der Romanvorlage.
Es gibt zu viele Geheimnisse im Leben des 17-jährigen Phil. Wer ist sein Vater, und warum verrät seine Mutter Glass seinen Namen nicht? Was bedrückt seine Zwillingsschwester Dianne? Und warum ist der gutaussehende Nicholas, in den Phil verliebt ist, so verschlossen? Phil sucht nach Antworten – und nach Glück, Geborgenheit und Liebe.
Sein poetischer, melancholischer Grundtenor macht Andreas Steinhöfels einfühlsamen Coming-of-Age-Roman Die Mitte der Welt zu einem Lese- und Hörerlebnis. Die Themen Coming-Out und homosexuelle Liebe werden hier eher beiläufig verhandelt – eigentlich geht es um Familiengeheimnisse und Identität. Der Roman kam bereits 1998 in die Buchläden; er wurde mit dem Buxtehuder Bullen ausgezeichnet und für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Viel später – erst 2016 – wurde dieser vielschichtige und kluge Jugend-Roman auch verfilmt.
Sie ist wie ein Wesen von einem anderen Stern: Alaska – schön, schlau, rätselhaft, voller verrückter Einfälle. Das ganze Internat, auf das der 16-jährige Miles seit neuestem geht, scheint nur um sie zu kreisen. Miles verliebt sich hoffnungslos. Die beiden kommen sich näher, doch die Beziehung bleibt platonisch. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, der alles verändert.
John Green arbeitete während seines Theologiestudiums als studentischer Kaplan in einem Kinderkrankenhaus. Die Erfahrung verstörte ihn so nachhaltig, dass er seinen Plan, Pastor zu werden, aufgab. Glück für seine junge Leserschaft: Seither schreibt Green berührende Coming-of-Age-Romane, von denen einer erfolgreich fürs Kino verfilmt wurde (Das Schicksal ist ein mieser Verräter). Eine wie Alaska ist Greens Debütroman von 2005. Schon hier zieht John Green alle Register: Große Gefühle treffen auf interessante Charaktere, nachvollziehbare Situationsbeschreibungen und einen feinen, selbstironischen Humor.
Coming-of-Age-Romane für Erwachsene
Viele der oben vorgestellten Coming-of-Age-Romane haben nicht nur Jugendliche begeistert, sondern auch erwachsene Leser. Diese Titel richten sich speziell an ein erwachsenes Publikum.
Anthony Opoka und Florence Okori wachsen im Uganda der 1990er auf und glauben an das Gute im Menschen – bis sie von Joseph Konys Lord’s Resistance Army gekidnappt und rekrutiert werden. Anthony kommt so nah wie niemand sonst an den größenwahnsinnigen Kriegsherren heran. Er und Florence müssen beide an den Lektionen aus ihrer Kindheit festhalten, um nicht mitgerissen zu werden. Beide denken, ihre Lage könne nicht besser werden. Doch dann lernen sie einander kennen und träumen von der Flucht, nicht nur für sich, sondern für alle entführten Kindersoldaten.
All die funkelnden Sterne von Mark Sullivan ist inspiriert von wahren Geschichten aus dem Uganda der 90er. Einfühlsam und ergreifend beschäftigt er sich mit den Grausamkeiten des Krieges durch die Augen zweier junger Menschen, die sich eine bessere Zukunft erhoffen.
Es ist 1985 und Sam Turner hält es zu Hause nicht mehr aus. Seine Mutter ist todkrank, sein einziger Freund ist weggezogen, seine Mitschüler schikanieren den schüchternen 15-jährigen. Er flüchtet aus seinem amerikanischen Kaff. Sein Aushilfsjob im altmodischen „Metropolis“-Kino entpuppt sich als Glücksgriff. Dort lernt Sam Kirstie Andretti und ihre Freunde kennen. Mit ihnen feiert er zum ersten Mal, raucht seinen ersten Joint, besteht drei Mutproben. Und er verliebt sich Hals oder Kopf.
Benedict Wells erzählt in seinem fünften Roman Hard Land mitreißend vom Gefühlschaos des Erwachsenwerdens. Seine literarischen Zeitreise steckt voller Zitate und Anspielungen auf die Popkultur der Achtzigerjahre.
"Wenn die First Base Küssen war und der Home Run Sex, dann saß ich noch in der Umkleidekabine und band meine Schuhe."
Benedict Wells: Hard Land
Der altkluge, zwölfjährige Marcus freundet sich in About a Boy mit dem sechsunddreißigjährigen Kindskopf Will an. Dieser geht zu den Treffen einer Selbsthilfegruppe für Alleinerziehende – aber nur, weil er dort Frauen kennenlernen will. Marcus durchschaut Will und beschließt, ihn mit seiner psychisch labilen Mutter Fiona zu verkuppeln. Will wehrt sich anfänglich gegen die Anhänglichkeit des Jungen – doch irgendetwas an dem kauzigen Außenseiter berührt ihn.
Nick Hornbys doppelte Coming-of-Age-Geschichte war 1998 ein Riesenerfolg. Sie wurde 2002 mit Hugh Grant als Will verfilmt. Bei Audible hörst du die gekürzte Hörbuch-Fassung, gesprochen von Udo Wachtveitl und Nicola Fritzen.
