Hat James Bond in „Casino Royale“ wirklich Texas Hold’em gespielt? Wie lässt Ian Fleming Dr. No sterben? Welche zwei Kurzgeschichten dienten dem Film „Octopussy“ als Vorlage? Welche Bond-Sprüche sind Fleming-Originale? Was hat der Film „Ein Quantum Trost“ mit dem Roman „Casino Royale“ zu tun? Taucht mit unserer Grafik in die Tiefen des Bond-Universums ein.

Wie nah ist der Film an der jeweiligen Buchvorlage? Unsere Infografik zeigt es. Die Prozentzahlen geben dabei den Grad der Übereinstimmung an.

JamesBond-Books-Infographic

James-Bond-Experte Danny Morgenstern im Interview

Wir haben mit dem Autor Danny Morgenstern nach Agenten-Manier gesprochen. Mit seinem ersten 007-Lexikon „James Bond XXL“ wurde der Bond-Fan zum hauptberuflichen Bond-Experten. Im November, pünktlich zum Filmstart, erscheint sein neues Buch „Unnützes James-Bond-Wissen“ voll mit erstaunlichen Fakten und Anekdoten aus dem gigantischen Bond-Universum.

Danny Morgenstern – was war Ihr erster Berührungspunkt mit Bond?

Der erste Berührungspunkt war für mich der Film „Leben und sterben lassen“. Den habe ich 1986 zum ersten Mal gesehen. Der erste Ian-Fleming-Bond, den ich gelesen habe, war „Dr. No“. Das war der einzige Teil, den ich damals aus der Bücherei ausleihen konnte. Mein allererster James-Bond-Roman war allerdings von John Gardner: „Die Ehre des Mr. Bond“ (Neuauflage: „Eine Frage der Ehre“, Cross Cult Verlag). Inzwischen beschäftige ich mich seit über 30 Jahren mit James Bond.

Leben und sterben lassen

Was fasziniert Sie an den Geschichten und der Figur James Bond?

Als Teenager haben mich die Filme als reine Action-Filme zur Unterhaltung begeistert. Inzwischen interessiere ich mich für alles hinter den Kulissen. Wie kamen die Filme zustande? Ich achte auch zunehmend auf Details, zum Beispiel: Welche Kunstwerke hängen im Hintergrund? Außerdem mag ich den Humor, die Mischung aus Action und Spannung und die oft ausgefallenen Ideen.

Was unterscheidet Ian Flemings James Bond von der Figur aus den Filmen?

Ian Fleming hat eine Figur erschaffen, die zur Zeit des Kalten Kriegs lebt. In den Filmen sind die Geschichten an die jeweilige Zeit angepasst. Außerdem waren die Romane weitestgehend nicht Kinoleinwand-tauglich. Damit Filme erfolgreich sind, braucht es mehr „Wumm“, zum Beispiel actionreiche Verfolgungsjagden. Deswegen wurden für die meisten Filme ganz neue Geschichten erdacht, damit James Bond auch im Kino funktioniert. Bei den ersten drei bis vier Filmen sind die Romane und Filme noch sehr deckungsgleich. Ab „Man lebt nur zweimal“ wurden nur noch die Titel der Bücher übernommen, weil sich diese gut verkauft hatten.
Die Premiere des neuen Bond-Films „No Time To Die“ wurde auf November verschoben.

Mit welchem Fleming-Roman sollten sich James-Bond-Fans die Zeit bis dahin vertreiben?

Das kommt darauf an, ob Leser oder Hörer das Buch mit einem düsteren oder einem positiven Gefühl zur Seite legen wollen. „Casino Royale“, Ian Flemings erster Roman, geht sehr negativ aus; das Ende lässt einen ein bisschen platt zurück. Andere Romane hinterlassen eine positivere Stimmung und Bond ist am Ende der Held, zum Beispiel bei „Moonraker“. Mein Lieblingsbuch von Fleming ist „Leben und sterben lassen“, das hat ein exotisches Flair, ist actionreich, sehr spannungsgeladen und düster.

Moonraker

Welcher 007-Film gefällt Ihnen am besten und warum?

„Skyfall“ gefällt mir am besten. Der Film ist sehr zeitgemäß, voller Action und Daniel Craig verkörpert die Figur James Bond sehr gut. Außerdem habe ich schöne Erinnerungen an die Premieren in London und in Berlin. Das alles zusammen ergibt für mich ein komplettes Wohlfühlpaket.

Sean Connery, George Lazenby, Roger Moore, Timothy Dalton, Pierce Brosnan oder Daniel Craig – wer gefällt Ihnen als James Bond am besten?

Das schwankt immer wieder. Ich bin eigentlich großer Roger-Moore-Fan, mir gefällt dieser besondere Humor. Seine Filme haben etwas Leichtes an sich. Aber auch Daniel Craig gefällt mir sehr gut. Er spielt Bond mit völlig anderen Charaktereigenschaften. Natürlich sind die James-Bond-Attribute gleich – schöne Anzüge, tolle Frauen, schnelle Autos und viel Action. Aber Daniel Craig verleiht der Figur eine bestimmte Härte, die mir gut gefällt.

„Feuerball“ oder „Sag niemals nie“, was ist für Sie die bessere Verfilmung des Romans?

„Feuerball“ ist näher an Ian Flemings Roman, „Sag niemals nie“ geht weiter davon weg. Die Filme liegen einige Jahre auseinander: „Feuerball“ ist von 1965, „Sag niemals nie“ von 1983. Die zweite Verfilmung habe ich zuerst gesehen und sie gefällt mir auch besser. Ich bin Jahrgang ‘79 und deswegen wirken für mich Filme, die vor 1970 gedreht wurden, inzwischen recht altbacken. „Sag niemals nie“ ist moderner und spricht mich deswegen auch mehr an.

Warum ist die 007-Reihe so viel erfolgreicher als andere Spionage-Serien?

Ich würde nicht sagen, dass die 007-Reihe viel erfolgreicher ist als andere. Wenn man die Einspiel-Ergebnisse mit der Inflationsrate bereinigt betrachtet, dann sind auch James-Bond-Filme dabei, die gar nicht so erfolgreich waren. Außerdem sind zum Beispiel die Mission-Impossible- oder die Jason-Bourne-Serie auch gigantisch erfolgreich. Nur sind diese Filmreihen nicht so langlebig wie James Bond.

Liebesgrüße aus Moskau

Woran liegt es, dass gerade James Bond sich so lange hält?

Das liegt daran, dass Bond mit der Zeit geht und sich an die aktuellen Spionage- und Film-Standards anpasst. Das spricht auch die jungen Generationen an und deswegen zieht James Bond immer wieder neues Publikum an. Daneben verändert sich die Figur auch nicht zu stark und behält ihre Identität, sodass man sagen kann: Wer einmal James Bond-Fan ist, bleibt James Bond-Fan.

Wie recherchieren Sie für Ihre James-Bond-Lexika?

Ich spreche mit den Menschen, die an den Bond-Filmen beteiligt waren, in erster Linie mit Regisseuren und Schauspielern. Ich wälze Sekundärliteratur, lese und vergleiche die zahlreichen Romane, auch die neben der Fleming-Reihe – zum Beispiel von John Gardner, Raymond Benson und Anthony Horowitz. Außerdem sichte ich Quellen und Dokumentationen aus den entsprechenden Jahren. Es ist wirklich Detektiv-Arbeit, aber sie lohnt sich auf jeden Fall.

Was ist Ihr Lieblings-Fun-Fact aus dem James Bond-Universum?

Mein neues Buch „Unnützes James-Bond-Wissen“ enthält über 2.500 Fakten. Es gibt so viele Fun Facts im James Bond-Universum, da kann ich unmöglich einen Liebling auswählen. Ein interessanter Fakt ist zum Beispiel, dass der Name des Bond-Girls in „GoldenEye“ – Natalya Simonova – auf der Drehortmanagerin basiert. Oder: Antje Schmidt, eine deutsche Schauspielerin, hat in einer Szene von „Der Morgen stirbt nie“ eine Mitarbeiterin der Avis-Autovermietung gespielt und ist damit durch die deutschen Medien gegangen – obwohl sie nur einen Satz hatte.

Was ist der größte Mythos rund um James Bond, die Bücher, Filme und Darsteller?

Ein weitverbreiteter Mythos ist, dass die James Bond-Filme chronologisch aufeinander aufbauen. Das stimmt nicht. Mit „Casino Royale“ im Jahr 2006 wurde die Serie sogar komplett neu gestartet.

Casino Royale

Welcher Roman abseits der Fleming-Reihe hat Sie begeistert?

„High Time To Kill“ von Raymond Benson. Das Buch hat eine unglaubliche Erzähldichte, eine hohe Spannung, Bond ist Bond und es sind witzige Ideen dabei – zum Beispiel muss James Bond im Himalaya einen Berggipfel vor einer anderen rivalisierenden Gruppe erreichen und pinkelt dann auf deren Nahrungsvorräte.

Welcher Nicht-Fleming-Bond-Roman hätte Ihrer Meinung nach Potenzial für eine Verfilmung?

Eigentlich eignen sich alle Romane von Raymond Benson. Die John-Gardner-Bücher weniger, weil diese eher das wirkliche Agentenleben darstellen. Die Bond-Bücher von Raymond Benson sind Action-Romane. Deswegen würden sie sich gut für die große Leinwand eignen.

So arbeiten Agenten wirklich: ein Gespräch mit dem Bundesnachrichtendienst

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit als Autor aus? Insbesondere auf Ihr neues James-Bond-Buch?

Mein neues Buch sollte im April erscheinen, zeitgleich mit dem neuen Film „Keine Zeit zu sterben“. Der Veröffentlichungstermin wurde bis zur Premiere verschoben, auf den 15. November 2020. Das ist sehr schade, weil ich „mein Baby“ natürlich gerne in den Händen halten würde. Aber das Buch ist fertig und enthält auch schon viele Fakten zum neuen Film. Irgendwann gibt es dann auch ein Buch nur zu „Keine Zeit zu sterben“; aber erst, nachdem der Film erschienen ist und ich mehr darüber recherchieren kann. Die Corona-Zeit nutze ich für einen Horror-Roman und ich arbeite parallel an dem Buch zum Jubiläum „35 Jahre Im Angesicht des Todes“, das im September erscheinen wird.

Lizenz zum Hören

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