Johnny Depp, Daniel Radcliffe und Robert Pattinson haben sie, Stephen King sowieso: Angst vor Clowns. Letzterer lebte seine geballte Abneigung gegen die Gesellen mit der roten Nase in seinem Horror-Roman „Es“ aus – und trug damit wahrscheinlich maßgeblich dazu bei, dass die Zahl derer, die ebenfalls Angst vor Clowns haben, noch weiter in die Höhe stieg.

Kein Wunder, geht es doch in Es um ein Monster aus dem All, das sich als Clown verkleidet, um kleine Kinder in die Kanalisation zu zerren und umzubringen. 2017 wurde der erste Teil der Story neu verfilmt, der zweite Teil mit dem Grusel-Clown Pennywise kommt am 5. September in die Kinos.

Es

Mit seiner überdimensionierten Stirn, seinen orangeroten, buschigen Haaren und seinem verschlagenen Blick ist das Albtraum-Potenzial von Pennywise tatsächlich immens. Dabei hat sein gruseliger Look so gar nichts mit dem eines modernen Clowns zu tun, betont Udo Berenbrinker. Er war selbst jahrzehntelang als Clown tätig und bildet in der Tamala Clownschule Nachwuchsclowns aus: „In der modernen Clownsbewegung gibt es keine Masken mehr, keine übertriebene Schminke oder keine Perücken.“ Heutzutage gilt die Mimik als besonders wichtig und das Gesicht wird längst nicht mehr so stark geschminkt wie noch vor 20 Jahren, so Berenbrinker.

Coulrophobie – die Angst vor Clowns

Trotzdem, hierzulande gehört die Coulrophobie zu den zehn häufigsten Phobien. Betroffene leiden unter starken Angstsymptomen, der Herzschlag geht schneller, das Atmen fällt auf einmal schwerer, ein Fluchtreflex setzt sein.
Wieso manche Kinder und Erwachsene eine solche Angst vor Clowns haben, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Zu vermuten ist jedoch, dass Kinder schlicht Angst vor dem Neuen, Unbekannten haben, das ein Clown darstellt.

Bei Erwachsenen jedoch wird es komplizierter: Das aufgemalte Dauergrinsen von Clowns wirkt auf viele verstörend, ebenso wie die Tatsache, dass die Mimik von Clowns auf Grund der Schminke oder gar einer Maske nicht klar erkennbar ist. Zudem wird vermutet, dass Clowns mit ihrem von der Norm abweichenden Verhalten bei einigen Menschen starkes Unbehagen auslösen.

Udo Berenbrinker, der in seiner langjährigen Arbeit als Clown auf viele Kinder und Erwachsene getroffen ist, die Angst vor Clowns hatten, erklärt sich das folgendermaßen: „Diese Angst entsteht bei Menschen, die das Gefühl haben, immer alles richtig machen zu müssen, die eine starke Scham empfinden und auch Angst vorm Lachen haben.“

Werden sie mit einem Clown konfrontiert, der Fehler macht, tollpatschig ist und sich generell anders verhält, als es von ihm verlangt wird, löse dies starke Angst- und Schamgefühle in den Betroffenen aus. Ihnen die Angst vor Clowns zu nehmen, ist schwierig, sagt er, dafür bedürfe es eigentlich eines therapeutischen Ansatzes. Berenbrinker meint: „Stephen King hat wahrscheinlich genau diese Angst vorm Lachen!“

Clown Horror: Grusel-Clowns in Film und Fernsehen

Selbstverständlich kommt erschwerend hinzu, dass Clowns in der Popkultur oft so negativ besetzt sind. Nicht nur Pennywise jagt uns in Filmen Angst ein, auch der Joker hat großes Grusel-Potenzial, ebenso wie die mehr als nur beunruhigenden Gestalten aus dem amerikanischen Science-Fiction-Film „Killer Klowns from Out of Space“. Im Film „Zombieland“ treffen Zombies auf – na, wer kann es sich denken? – Horror-Clowns.

In den USA machte sich einst John Wayne Gacy als Killer Clown einen Namen: Auf Wohltätigkeitsveranstaltungen trat er als liebenswerter Clown auf, ermordete aber zwischen 1972 und 1978 mindestens 33 junge Männer. Kein Wunder also, dass Clowns einen so schlechten Ruf haben.

America's Most Notorious Serial Killers

Da dürfte auch das Phänomen der Grusel-Clowns nicht geholfen haben, das 2016 aus den USA nach Europa schwappte: als Clowns verkleidete Männer und Frauen erschreckten oder attackierten nichtsahnende Mitmenschen auf offener Straße. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden seinerzeit 415 Fälle registriert, bevor der merkwürdige Trend wieder verebbte.

Die gesundheitsfördernde Wirkung von Clowns

Was Clowns alles Gutes bewirken können, erklärt Udo Berenbrinker. Heute werden Clowns nämlich vor allem in Kinderkliniken, Altenheimen oder auf Demenzstationen eingesetzt. Gerade bei traumatisierten Kindern oder Demenzkranken, die oft an Depressionen leiden, können Clowns eine gesundheitsfördernde Wirkung haben. Clowns benehmen sich anders, machen auch mal Fehler – und gerade das kommt gut an bei Leuten, die selbst nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag perfekt zu meistern.

Dass ein solch therapeutischer Ansatz viel mehr abfordert, als nur eine paar Witzchen hier und ein paar tollpatschige Bewegungen da, leuchtet ein. „Selbst immer Freude auszustrahlen erfordert einiges an Arbeit, aber die Ausbildung zum Diplom-Schauspieler für Clown und Comedy in Verbindung mit der zum Gesundheitsclown dauert drei Jahre“, so der Gründer der Clownschule.

Tatsächlich werden Clowns in Deutschland händeringend gesucht. Gerade in Hinblick auf die immer älter werdende Gesellschaft und die positiven gesundheitlichen Effekte, die sie auf alte und kranke Menschen haben, ist die Nachfrage in Krankenhäusern und Altenheimen riesig. In einer Broschüre habe das Arbeitsamt den Beruf den Clowns gar als „Zukunftsjob“ beschrieben, erzählt Udo Berenbrinker lachend. Er ist überzeugt: „Die Leute haben eine Sehnsucht nach dem Lachen!“

Ansichten eines Clowns