Ein alter Mann liegt in seiner geliebten Hängematte. Das Licht der spanischen Sonne wärmt ihm die Glieder. Vor acht Jahren hat er seine Lebensgefährtin Ines geheiratet, da waren sie bereits seit 33 Jahren ein Paar. Von der Terrasse ihrer Hacienda aus schweift der Blick über den Gemüsegarten und das Meer. Sie leben gut, aber spartanisch. Denn hat früh im Leben begriffen: „Wer fast nichts braucht, hat alles.“ Es ist sein Lebensmotto, auch seine Biografie heißt so. Die Freuden seines Lebens? „Essen und herumketzern“. Er hat auf Teneriffa sein privates Panama gefunden; sein Paradies.
Manchmal gibt es doch Gerechtigkeit in der Welt. Denn von ihrem Anfang her erzählt, klingt dieselbe Lebensgeschichte so:
Am 11.3.1931 wird im oberschlesischen Zabrze (damals Hindenburg) ein Junge geboren, nur einen Steinwurf von der deutsch-polnischen Grenze entfernt. In der Familie sprechen – mit Ausnahme der Großmutter mütterlicherseits – alle Polnisch. Doch um sich bei der NSDAP einzuschmeicheln, nennt der Vater das Kind „Horst“. Nach Horst Wessel, dem SA-Sturmführer, der von den Nazis zum Märtyrer stilisiert wurde. Der Vater meint es wohl gut. Der Junge aber empfindet den Namen wie einen Schlag ins Gesicht. Horst Eckert wird ihn bei der ersten Gelegenheit ablegen.
Es ist eine Kindheit, wie es sie damals viele gegeben hat: mitleidlos, entbehrungsreich und ungeheuer brutal. Der Vater ist ein Säufer, er verdrischt Frau und Kind mit einer Lederpeitsche. Auch die Mutter schlägt den Jungen, bis ihm die Luft wegbleibt. Der kleine Horst leidet seit einer Äthernarkose im Alter von drei Jahren unter einem Herzfehler. Er lebt in ständiger Angst: vor den Schikanen der Mitschüler, den Quälereien in der Hitlerjugend, dem Psychoterror der Kirche. Schlesien ist erzkatholisch, bei jeder Gelegenheit drohen Geistliche und Verwandte dem Jungen mit dem Teufel und dem Fegefeuer. Das fantasievolle Kind glaubt alles aufs Wort. Später wird Janosch seine Kindheit mit einem Wort auf den Punkt bringen: Hölle.
„Weil ich eigentlich keine Kindheit hatte, muss ich sie jetzt ständig nachholen.“
Janosch, zitiert nach Angela Bajorek: „Wer nichts braucht, hat alles“
Wer die Welt kennenlernen will, in der Janosch aufwuchs, muss nur sein Buch „Cholonek oder der liebe Gott aus Lehm“ lesen. Es ist eine Abrechnung mit seiner Kindheit. Und mit den Schlesiern, die er als vulgär, versoffen, infantil und neidisch beschreibt. Zugleich ist es eine schmerzhafte, nostalgische Liebeserklärung an die Heimat. Das Heimweh nach Oberschlesien hat er nie ganz verwunden; 2005 dachte er sogar kurz daran, zurückzuziehen. „Cholonek“ ist aber auch eine Dämonenaustreibung. Das Buch brachte ihm eine Alkoholvergiftung ein – 41 Flaschen Gin hat er gebraucht, um es zu schreiben.
Zwischen dem Grauen der Kindheit und dem späten Glück liegt eine ganz und gar unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte. In Zahlen zusammengefasst klingt sie so: Mehr als hundert Bücher, 12 Millionen verkaufte Exemplare, übersetzt in 40 Sprachen. Eine beliebte Zeichentrickserie und ein Marketingimperium, dessen Umsätze wohl größtenteils in den Taschen anderer gelandet sind. So jedenfalls berichtete es Janosch einem Journalisten der „“.