„Meine erste Million“ ist nicht dein erster Podcast, du hattest schon einmal einen mit deinem damaligen Freund zusammen – „Uns fragt ja keiner“. Hast du da am Format Podcast Gefallen gefunden?

Blödsinn reden mache ich sowieso den ganzen Tag, wenn Leute auch noch gerne dabei zuhören, ist das doch super. Was mich jetzt mehr gereizt hat, war weniger das Format Podcast, als die Leute, die ich da treffe. Ich habe eine Fernsehsendung, Street Philosophy, in der ich die verschiedensten Leute und Charaktere treffe, und das finde ich besonders reizvoll. Mich selbst finde ich nicht so spannend, aber ich kenne mich halt schon seit 28 Jahren. Andere finde ich dafür umso spannender und es hat mich gereizt, diesen Input von außen zu bekommen.

In deinem neuen Podcast geht’s nicht nur um die verschiedensten Leute, sondern auch ums Geld. Wie bist du zu diesem Thema gekommen?

Ich wurde angefragt, ob ich etwas über das Thema „Meine erste Million“ machen will und dachte nur: Mensch, ihr seid ja optimistisch, ich habe doch gar keine Million! (lacht). Ich habe das ganze Thema erst überhaupt nicht kapiert und mein zweiter Gedanke war dann sehr egoistisch.

Wie lautete der?

Geil, dann lerne ich, wie ich eine Million verdiene (lacht). Ich dachte, wenn ich nur genug Millionäre treffe, dann finde ich das vielleicht raus.

Meine erste Million - der Capital-Podcast: Staffel 1 (Original Podcast)

Und weißt du jetzt, wie man eine Million erwirtschaftet?

Leider immer noch nicht. Aber der erste Tipp, den ich geben kann, ist, reich geboren zu werden. Das macht es leider sehr viel einfacher.

Nicht sehr vielversprechend für diejenigen unter uns, die keine reichen Eltern haben …

Ich habe immerhin festgestellt, dass die Millionäre, mit denen ich gesprochen habe, alle eins gemeinsam haben: Sie sind sehr konzentrierte Leute – von einer Verona Pooth über den Nasen-Papst, den Schönheitschirurgen Mang, bis hin zu irgendwelchen Gründern. So unterschiedlich sie auch sind, sie kennen alle ihre eigenen Stärken und Schwächen ganz genau und können sie ausspielen.

Sich selbst möglichst gut zu kennen hilft also?

Du kannst dich selbst eh nicht verändern, aber was du machen kannst, ist, das Maximum an dem, was der liebe Gott dir mitgegeben hat, auszuspielen. Das war ganz interessant.

Es heißt ja eigentlich, über Geld spricht man nicht. Wie schwierig war es dann, in dem Podcast doch darüber zu reden?

Ich glaube, das ist eine sehr deutsche Angewohnheit – und keine besonders geschickte. Es wäre viel geschickter, wenn wir die Scheu davor verlieren würden. Wenn wir ein bisschen tiefer in Themen wie gleichberechtigte Gagen und Honorare gehen, wäre es sehr sinnvoll, mehr über Geld zu reden und diese Scham wegzukriegen. Fragen wie „Wie viel verdienst du?“ und „Wie hast du verhandelt?“ würden uns echt weiterbringen.

"Es wäre sehr sinnvoll, mehr über Geld zu reden."

Ronja von Rönne

Über so etwas sollte man sich also mehr unterhalten?

Auf alle Fälle, um dem den Schmuddelcharakter zu nehmen. Geld ist nicht schmutzig – schmutzig ist es, weniger zu verdienen, als jemand mit einer niedrigeren Qualifikation, weil man nicht richtig verhandelt hat oder nicht wusste, wie viel man einfordern kann. Geld gehört entzaubert. Über Geld gehört viel mehr geredet. Ich habe so vieles in der Schule nicht gelernt, was wichtig gewesen wäre. Zum Beispiel, wie man eine Steuererklärung gemacht, wie Anlagen funktionieren, wie man etwas spart und so weiter. Am Ende sind das eigentlich trockene Tools, die zu einer Maximierung von etwas führen können, das einen vielleicht nicht glücklich macht, aber vieles ermöglicht.

Und deine Gesprächspartner haben sich nicht geziert, als es ums Geld ging?

Nö, aber ich bin eh extrem schamlos bei sowas. Ich denke, das schlimmste, was passieren könnte, ist, dass jemand nicht antworten. Das kann ich verkraften. Niemand wird gezwungen zu antworten, aber deswegen kann ich trotzdem fragen. Vielleicht waren die Fragen ungewohnt, vielleicht fühlten sie sich manchmal überrumpelt, aber es ging mir auch nicht darum herauszufinden, wie viel Geld mein Gegenüber hat.

Sondern?

Wie hast du das geschafft? Was hat es mit dir gemacht? Wo stehst du jetzt? Was kannst du als Tipps mitgeben? Was hat dich enttäuscht? Geld ist ja eigentlich erst einmal nichts anderes als ein Katalysator. Es offenbart ganz viel über den Menschen, der es besitzt. Geld an sich ist nicht so spannend. Alles, was das Geld erzählen kann, das ist spannend.

Die Millionärsformel

Eine Million – das klingt nach einer ganz besonders spannenden Zahl.

Ich dachte anfangs, die Million sei eine magische Zahl. Die ist vielleicht nicht der Schlüssel zum Glück, aber zumindest der Türvorleger. Aber dann musste ich schnell feststellen, dass der Begriff der Million sehr vage ist. Ist das Geld, das du auf dem Konto herumliegen hast? Sind das Grundstücke? Oder ist das der aktuelle Wert deiner Firma? Wir haben auch Leute getroffen, bei denen ich mir sicher bin, dass sie die Million durchaus mal hatten, aber jetzt vielleicht nicht mehr. Zum Beispiel den ehemaligen Rotlichtkönig, der von der Polizei ausgenommen wurde und dann im Knast war.

Es heißt ja, Geld allein mache nicht glücklich. Wie würdest du das jetzt bewerten?

Ich glaube, das ist sehr leicht gesagt, wenn man welches hat. Ja, es macht nicht glücklich, es ist keine Glücksdroge, aber es ist auch nicht weit davon entfernt. Ich habe in den Gesprächen festgestellt, dass Geld für mich Freiheit bedeutet. Es bedeutet, dass ich, wenn ich müde bin, ein Uber nehmen kann statt der öffentlichen Verkehrsmittel. Dass ich, wenn ich Hunger habe, einfach etwas im Lebensmittelgeschäft aussuchen kann. Es sind eher diese kleinen Sachen, die einem Geld ermöglicht. Wenn du sehr, sehr reich bist, kann mehr Geld dich auch nicht glücklicher machen. Ab irgendeinem Punkt, wenn man seine eigenen Wünsche alle erfüllen konnte, ist das nächste, was glücklich macht, sicher eher anderen zu helfen. Das war das, was ich mitgenommen habe.

"Geld allein mache nicht glücklich“ ist sehr leicht gesagt, wenn man welches hat."

Ronja von Rönne

Welcher Gesprächspartner ist dir in Erinnerung geblieben?

Am ehesten ist mir Werner Mang in Erinnerung geblieben, der sehr offen mit seiner narzisstischen Ader umging und sich mit lauter Fotos mit irgendwelchen Prominenten schmückte, denen er neue Nasen verpasst hat. Der aber gleichzeitig auch sagt: Vor meiner ersten Nase am Tag bin ich eigentlich unglücklich. Was wahrscheinlich viele Kokser auch sagen würden, aber gut … (lacht) Bei ihm ist das etwas anders gemeint. Und der sich am Wochenende eigentlich ein bisschen sinnlos vorkommt. Der auch erwähnte, dass er sich von seinen Kindern, vor allem von seinem Sohn, entfremdet hat.

Da merkst du schon, dass dahinter eigentlich niemand steckt, der wahnsinnig selbstsicher ist oder den sein Leben sonderlich glücklich macht. Mir erschien er eher wie ein totaler Workaholic, dem die Arbeit so wichtig ist, weil er mit sich selbst, wenn er allein ist, gar nicht so viel anfangen kann.

Frank Thelen - Die Autobiografie

Hast du angesichts der Geschichten über die Million je Neid empfunden?

Das ärgerlichste war immer, wenn es darum ging, dass Leute eh schon viel geerbt hatten. Das hatte ich bei Michael Käfer, der meinte, wie hart er gearbeitet hätte … Wobei ich nur daran denken musste, dass er zum 20. das P1 geschenkt bekommen hat. Auf einem Boden, der schon geharkt ist, ist es deutlich einfacher zu pflanzen. Das ist etwas anderes, wenn du in einer Hartz-IV-Familie aufwächst und dich durchboxen musst. Dieser Aspekt der sozialen Ungerechtigkeit, der hat mich immer wieder geärgert.

Wer in die richtige Familie hineingeboren wird, hat also bessere Chancen, es zur Million zu schaffen?

Ich neide niemandem den Betrag, den er hat. Aber trotzdem zeigte sich der Vorteil von Bildungsbürgerhintergrund. Du merkst ganz klar, wenn die Eltern schon viel Geld haben, ist es deutlich einfacher, Geld zu vermehren, als es überhaupt erst einmal zu verdienen. Das hat mich immer gefuchst. Deswegen fand ich die Geschichten, die ganz anders waren, reizvoller.

Ist es da schwierig, nicht doch mal Neid zu empfinden?

Neidisch war ich eigentlich nie auf jemanden, ich habe mich eher geärgert, weil ich mich nicht darauf freuen kann, dass ich nur noch warten muss, bis ich meine Eltern beerbe, die mir schon mal eine Wohnung in Berlin gekauft haben. Das ist bei mir einfach keine Option und, klar, das ist irgendwie unfair. Ich sehe das auch in meinem Umfeld: Wenn Leute zur Hochzeit eine Wohnung von den Eltern geschenkt bekommen, sparen sie sich natürlich die Miete und können das Geld anderweitig anlegen. Dadurch vermehren sie ihr Geld viel schneller, obwohl sie vielleicht das gleiche arbeiten wie man selbst. Das fuchst einen.

Was würdest du selbst mit einer Million anfangen? Hast du dir darüber Gedanken gemacht?

Audible sollte mir einfach mal eine Million geben, damit ich das richtig authentisch nachfühlen kann (lacht). Es gibt eigentlich nichts Materielles, das ich mir wünsche. Für mich ginge es eher um die Freiheit, zum Beispiel mit Freunden, die nicht so viel Geld haben, in den Urlaub zu fahren. Ich würde mir eine kleine Wohnung kaufen, die ich als Atelier einrichte. Ich würde ganz gerne – auch wenn so etwas immer blöd klingt – helfen. Ich habe ein paar Anliegen wie Obdachlosigkeit, bei denen es mich reizen würde, Lösungen zu finden. Ich habe außerdem mal längere Zeit bei der Arche gearbeitet, einer Auffangstation für Jugendliche, wo ich mit denen Hausaufgaben gemacht habe. Die würde ich auch gerne unterstützen. Statt aber zu sagen, ich möchte helfen, wäre es vielleicht richtiger zu sagen, ich möchte Einfluss nehmen – und das möglichst gut.

Geld bedeutet für dich also auch Einfluss nehmen?

Ja, Geld bedeutet auch Einfluss und Macht. Es sagt viel über den Charakter aus, was man macht, wenn man es erst einmal hat.

Gehen Erfolg und Geld für dich Hand in Hand – nach dem Motto: Wer kein Geld hat, kann auch nicht erfolgreich sein?

Andersherum stimmt es auf jeden Fall nicht: Es gibt viele Leute, die Geld haben, aber nicht erfolgreich sind – siehe Leute, die einfach nur erben. Das Schöne am Erfolg ist ja aber, dass man ihn selber definieren darf. Der einzige, der den eigenen Erfolg messen kann, ist man selbst. Und das tut man am besten nicht dadurch, sich mit anderen zu vergleichen, sondern indem man ganz genau hinschaut, was einen selbst tatsächlich glücklich macht. Ich glaube, viele jagen dem falschen Ideal nach. Ich dachte anfangs auch, die Million wäre da so ein Ziel. Ich würde zwar immer noch nicht nein sagen, aber als primäres Lebensziel taugt die für mich nichts.

"Der einzige, der den eigenen Erfolg messen kann, ist man selbst."

Ronja von Rönne

Erfolg ist also Definitionssache?

Wenn man zum Beispiel ein Buch schreibt, kann man sich auch die Frage stellen, das erfolgreich macht: Ist es die 14-Jährige, die sagt, das Buch habe ihr Leben verändert? Sind es die Verkaufszahlen? Oder doch die Kritiken? Ich glaube, es lohnt sich, ganz genau in sich reinzuhorchen, was Erfolg für einen sein könnte und welche Rolle Geld dabei spielt. Braucht man das Geld, um ein Jahr lang mit einem VW-Bus herumzufahren? Braucht man Geld, weil man einen Traum vom Eigenheim und von Stabilität hat? Braucht man Geld vielleicht gar nicht so sehr, weil man merkt, dass man nie viel davon hatte und trotzdem ein glücklicher Mensch ist? Der Blick darauf lohnt sich, das habe ich auch im Rahmen dieser ganzen Gespräche gelernt.

Und was hat der Blick darauf für dich ergeben, inwiefern du Geld brauchst?

Für mich bedeutet Geld Sicherheit und Freiheit. Das ahnte ich vorher schon – und das ist auch immer noch so. Luxus, das sind für mich eher Kleinigkeiten, wie eben da essen zu gehen, wo ich möchte. Ich befürchte, eine Geschäftsfrau wird aus mir nicht mehr, dafür ist mein Interesse an Geld einfach nicht groß genug. Das ist leider so. Ich versuche, das alles so gut wie möglich zu machen, und wenn irgendwann eine Million da ist, dann ist das schön. Das ist aber nicht mein ultimatives Ziel.

Foto: Jens Oellermann