Die Normannen haben England nie erobert oder Kennedy wurde nicht ermordet: Alternate History zeigt uns, wie die Welt aussehen könnte, wenn sich die Geschichte anders entwickelt hätte.
Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann in einem weit entfernten Gebiet eine Katastrophe auslösen. Der sogenannte Schmetterlingseffekt stammt aus der Chaosforschung und beschreibt, wie kleinste Veränderungen in den Anfangsbedingungen eines Systems enorme Auswirkungen auf dessen langfristige Entwicklung haben können. Eigentlich bezogen auf Wettermodelle, kann man das Konzept aber auch auf Geschichte übertragen. Was wäre passiert, hätten die Alliierten im Zweiten Weltkrieg es nicht geschafft, das Dritte Reich und die Nazis zu besiegen, oder wenn die DDR sich nicht nur auf Ostdeutschland beschränkt hätte?
Sogenannte Alternate History oder Alternativgeschichte wirft einen Blick auf dieses Was-Wäre-Wenn und erlaubt uns, Historie anders zu denken. Meist konzentrieren sich solche Bücher auf entscheidende Wendepunkte der Menschheitsgeschichte und spinnen die alternativ-historische Fiktion weiter. Wir stellen dir acht Alternate-History-Romane vor.
Gut zu wissen: Experten nennen dieses Science-Fiction-Genre auch „Parahistorie“ oder „Uchronie“.
Pagans von James Alistair Henry
Die kleine, meist unbedeutende Insel namens Großbritannien wird von einer unruhigen Allianz von Stämmen bewohnt – dem dominanten sächsischen Osten, dem belagerten keltischen Westen und einem unabhängigen nordischen Schottland. Die Spannungen nehmen sekündlich zu. Der Verkauf von Kriegsbemalung in den Supermärkten ist so hoch wie nie zuvor, Met-Missbrauch verkürzt das Leben Tausender, und in den sozialen Medien kursieren Verschwörungstheorien, die darauf hindeuten, dass die Hohe Tafel GPS-Tracker in den Honigkuchen einbaut.
Inmitten dieser fiebrigen Atmosphäre findet in der Hauptstadt der Vereinigungsgipfel statt, der die verschiedenen Stämme zu einem vereinten Königreich zusammenführen soll. Doch als ein keltischer Diplomat brutal ermordet aufgefunden wird, seine Leiche an eine uralte Eiche genagelt, ist der zerbrechliche Frieden bedroht. Captain Aedith Mercia, die Tochter eines mächtigen sächsischen Anführers, muss sich mit dem keltischen Stammesdetektiv Inspektor Drustan zusammentun, um den Mord aufzuklären – und zu verhindern, dass die politischen Unruhen auf die Straßen überschwappen.
1066 eroberten die Normannen unter Wilhelm, den Eroberer, die britischen Inseln. Aber was wäre, wenn es nicht so passiert wäre? Dem geht James Alistair Henry in seinem 2025 erschienenen Roman nach. Der britische Autor thematisiert gekonnt Rassismus, Nationalismus und religiöse Konflikte in einer alternativen Welt. Auf Deutsch erscheint das Buch Ende August 2025, wann das Hörbuch dazu kommt, ist noch nicht bekannt.
Wenn Russland gewinnt. Ein Szenario von Carlo Masala
März 2028: Russische Truppen erobern die estnische Kleinstadt Narwa und die Insel Hiiumaa in der Ostsee. Der Angriff auf das Baltikum hat begonnen. Jetzt rächt sich, dass Europa nach dem Ende des Krieges in der Ukraine nicht aufgerüstet hat und wichtige Fähigkeiten fehlen. Gilt Artikel 5 der NATO? Wie wird sich die Allianz entscheiden? Riskiert sie den Atomkrieg?
Wir haben uns daran gewöhnt, dass am Ende alles gut ausgeht. Aber was, wenn nicht? Was, wenn Russland gewinnt? Es ist nur ein hypothetisches Zukunftsszenario, das der renommierte Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala in seinem neuen Buch entwirft – aber es zeigt auf besonders drastische Weise, was heute auf dem Spiel steht.
Carlo Masala ist Politikwissenschaftler, Professor für Internationale Politik und Experte für bewaffnete Konflikte. Mit seinem neuesten Werk weist Masala auf die Gefahr von Putins Russland hin und schafft gleichermaßen die Grundlage für einen geopolitischen Thriller. Dabei macht der Experte aber stets die Ernsthaftigkeit des Szenarios eines möglichen russischen Sieges klar. Das Buch warnt davor, nach dem Ende des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine in alte Verhaltensmuster im Umgang mit Russland zurückzufallen.
Die Republik von Maxim Voland
Europa, 1949: Die neu gegründete DDR umfasst nach einem unglaublichen Coup das gesamte deutsche Staatsgebiet, mit Ausnahme des westlichen Teils von Berlin. Gegenwart: Die DDR ist führende europäische Macht – ein hochmoderner Überwachungsstaat mit einem glücklichen Volk. So scheint es.
Während internationale Agentenorganisationen im autonomen West-Berlin ihre Pläne schmieden, wird die DDR von einem furchtbaren Vorfall erschüttert: Über den Platz der Akademie zieht eine Giftgaswolke, die zahlreiche Tote fordert. Ein Unfall? Ein Anschlag? Welche Macht steckt dahinter? Ein desillusionierter Stasi-Oberst, der französische Dolmetscher Christopher und die junge DDR-Bürgerin Alicia geraten in eine Verschwörung gigantischen Ausmaßes, die das Ende Europas bedeuten könnte...
Der Autor, der hinter dem Pseudonym Maxim Voland steckt, hat sich auf dem Thalia-Instagramkanal zu erkennen gegeben: Es handelt sich um Bestsellerautor Markus Heitz. Für das Pseudonym hat sich der Fantasy-Autor entschieden, um seine Thriller- und Krimi-Werke besser von seinem Schwerpunkt in Fantasy und Horror abzugrenzen.
Die Apollo-Morde von Chris Hadfield
Houston 1973. Bei der NASA laufen die Vorbereitungen für die Apollo-18-Mission auf Hochtouren. Ziel der Mission ist es, Gesteinsproben auf der Mondoberfläche zu sammeln. Der US-Geheimdienst erhält die Information, dass die russische Weltraumstation Almaz demnächst bemannt und zu Spionagezwecken mit einem riesigen Teleskop ausgestattet werden soll.
Die Astronauten der Apollo-18-Mission unter Mission Commander Kaz erhalten den Auftrag, Almaz während ihrer Reise zum Mond auszuschalten. Das Unterfangen ist äußerst riskant und nimmt den Astronauten wertvolle Zeit für die Sammlung der Gesteinsproben. Als die Astronauten aber bei Almaz ankommen, müssen sie entsetzt feststellen, dass die Station bemannt ist – plötzlich stehen ihnen russische Kosmonauten gegenüber, noch dazu ist die Kommunikation zur Erde ausgefallen.
Die Apollo-Morde von Chris Hadfield spielt in einer kontrafaktischen Version der 1970er-Jahre, in der die Apollo-18-Mission, die in der Realität nie stattfand, doch durchgeführt wird. Dabei wird die Mission von der US Air Force finanziert und erhält einen geheimen militärischen Auftrag, der sich um Spionage und die Konkurrenz mit der Sowjetunion im Weltraum dreht. Und mit dem Thema Weltraum kennt sich der Kanadier bestens aus. Denn Hadfield war bis 2013 selbst Astronaut, unternahm drei Weltraumflüge und war Kommandant der Internationalen Raumstation. In seinem Debütroman integriert Hadfield reale historische Figuren und Ereignisse mit seiner fiktiven Handlung.
Die Berechnung der Sterne von Mary Robinette Kowal
In den 1950er-Jahren schlägt ein Meteorit an der Ostküste der USA ein, der nicht nur den US-Präsidenten und zahlreiche Regierungsmitglieder tötet, sondern auch das Klima auf der Welt verändert. Eine Überlebende der Katastrophe: Elma York – Mathematikerin, Wissenschaftlerin bei der Weltraumbehörde NACA und ehemalige Kampfpilotin. Ihre Berechnungen ergeben, dass die Erde in wenigen Jahrzehnten unbewohnbar sein wird. York hilft dabei, dass die Menschheit das All erobert und träumt selbst davon, als erste Astronautin ins All zu fliegen. Doch Widerstände sind groß, denn „Frauen gehören in die Küche, nicht in den Weltraum“.
Mary Robinette Kowal erzählt mit Die Berechnung der Sterne eine alternative Geschichte, in der die Menschheit schneller ins All vorstoßen muss, als sie es in unserer Welt getan hat. Dabei verknüpft sie Themen wie Raumfahrt, Klimakatastrophe sowie Geschlechtergleichheit und Rassismus miteinander. Kowal setzt dabei auf eine Kombination von historischer Genauigkeit mit fiktionalen Elementen. Oft beginnt sie ihre Kapitel mit fiktiven Zeitungsartikeln oder Radiomeldungen, die das Setting authentisch wirken lassen sollen. Die Berechnung der Sterne markiert zudem den Auftakt für Kowals Reihe Lady Astronaut.
NSA – Nationales Sicherheits-Amt von Andreas Eschbach
Helene Bodenkamp, eine junge Frau, arbeitet während des Zweiten Weltkriegs für das Nationale Sicherheits-Amt. Ihre Aufgabe: Programme zu entwickeln, mit denen alle Menschen im Reich überwacht werden können. Doch es kommen Zweifel an ihrer Tätigkeit, als ihre große Liebe Arthur Fahnenflucht begeht und untertaucht. Helene will Arthur helfen. Auf einmal arbeitet sie gegen das Regime und ihren Vorgesetzten Lettke. Dieser verfolgt derweil einen perfiden Plan und nutzt die totale Überwachung für eigene Zwecke.
NSA – Nationales Sicherheits-Amt gehört wohl zu den besten Büchern von Andreas Eschbach. Darin entwirft der Autor ein düsteres Szenario, in dem das Dritte Reich technologisch weit fortgeschritten ist. Eschbach schafft es Leserinnen und Leser mit seiner alternativen Geschichte gekonnt in den Bann zu ziehen und gleichzeitig vor staatlicher Überwachung zu warnen.
The Plot Against America von Philip Roth
Die Präsidentschaftswahl 1940 in den USA gewinnt Charles Lindbergh. Der gefeierte Pilot propagierte während des Wahlkampfes stetig America First. Doch der Sieg des Luftfahrtpioniers weckt nicht überall in den USA Freude. Denn der neue US-Präsident gibt der jüdischen Bevölkerung die Schuld, dass das Land kurz vor einem Krieg mit Nazi-Deutschland steht. Um Lindbergh entsteht ein gefährlicher Personenkult und jüdische Familien, wie Familie Roth, bekommen Angst um ihr Leben. Droht ihnen ein Schicksal wie den Juden in Europa?
Philip Roth hat sich 2004 selbst als Protagonisten in The Plot Against America – deutscher Titel: „Verschwörung gegen Amerika“ – gewählt, um vor einer faschistischen Machtübernahme in den USA zu warnen. Eine Angst, die viele Schriftsteller in den Staaten bereits in den 1930er-Jahren hatten. In seinem Werk erzählt Roth seine fiktive Familiengeschichte und mischt diese mit historischen Fakten und Zitaten von Charles Lindbergh.
The NASA Triolgy von Stephen Baxter
Kennedy überlebt 1963 das Attentat in Houston und er treibt das Ziel einer Marsmission voran. Die Mondlandung sowie die Apollo-Missionen sind dabei nur ein Zwischenschritt. Und so kann in den 1980er-Jahren eine Crew mit einem Raumschiff mit nuklearem Raketenantrieb die Mission Ares in Richtung Mars starten. Die drei Astronauten sind: Natalie, Dana und Gershon. Natalie ist Geologin und Astronautin, die ihre Karriere und Liebe zurücklässt, um als erste Frau einen anderen Planeten zu betreten. Dana hat die Konzentrationslager überlebt und Gershon, ein Veteran des Vietnamkriegs, will der erste Afroamerikaner sein, der den Mars betritt.
Stephen Baxter geht in The NASA Trilogy – bestehend aus Voyage (1996), Titan (1997) und Moonseed (1998) – der Frage nach, was passiert wäre, wenn Kennedy bis zum Ende seiner Amtszeiten US-Präsident geblieben wäre. Baxter verbindet alternative historische Pfade und Zukunftsszenarien der Raumfahrt. Dabei achtet der US-Autor auf technische Präzision und kombiniert seine kontrafaktische Geschichtserzählung mit den politischen, wissenschaftlichen und menschlichen Herausforderungen von Weltraummissionen.
Was wäre, wenn?Alternate History bei Audible entdecken
Romane, die eine alternative Geschichte präsentieren, sind so düster wie faszinierend. Trau dich und tauch ein in Visionen, die hoffentlich immer Fiktion bleiben. Falls du Audible noch nicht ausprobiert hast: Streame im Probemonat unbegrenzt tausende von Hörbüchern, Hörspielen und Original Podcasts. Zusätzlich erhältst du einen kostenlosen Titel, den du für immer behalten kannst.