Haaaaaalt, stop! Moment mal – wieso eigentlich Beuteltier? Warum steht am Anfang das Beuteltier (laut Überschrift)? Also zum einen fängt das ja schon mal mit „B“ an und nicht mit „A“, und bekanntlich steht das „A“ am Anfang aller Dinge, eben Alpha und Omega, so wie „Anti-Terror-Anschlag“ und „Asoziales Netzwerk“ (Also, erstmal: die Infos zum „A“ sind im nachzulesen). Und zum anderen lautet doch ganz eindeutig der erste Satz der Känguru-Chroniken (K I, DKM: Das Känguru von nebenan):
„Ding Dong. Es klingelt. Ich gehe zur Tür, öffne und stehe einem Känguru gegenüber.“
Ein Kleinkünstler
Damit steht doch ganz eindeutig „ich“ am Anfang, also Marc-Uwe, der Ich-Erzähler der Känguru-Tetralogie, der sich selbst eigentlich nur als Chronist der Ereignisse begreift. Aber eben doch derjenige ist, durch dessen Brille wir das Känguru betrachten. Der geht zur Tür und öffnet. Also steht ja wohl schon mal er im Zentrum der Handlung und überhaupt am Anfang – und nicht das Känguru! Im Übrigen auch in Teil 2 der Känguru-Tetralogie, "Das Känguru-Manifest". Da wird der ikonische Satz sogar noch einmal wiederholt. Bamm, nimm das, Känguru-Freund/in! Das muss sich ja wirklich auch überall in den Vordergrund drängen, sogar das Kinoplakat hat es gephotobombt.
Okay, schon klar. Rein historisch betrachtet, also im Kontext der Erzählung um Marc-Uwe und das Känguru, ist das „A“ kein besonders bedeutender Buchstabe. Auch wenn die Bibel das mit dem „A“ anders sieht, erster und letzter Buchstabe des griechischen Alphabets, Symbol für Unendlichkeit und Göttlichkeit und so weiter. Da die Sache mit der Bibel jedoch definitiv in die Kategorie „Das sind doch alles bürgerliche Kategorien“ gehört, tut das hier erst einmal nichts zur Sache. Ganz abgesehen davon, dass Religion nach Karl Marx „das Opium des Volkes“ ist (Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie). Und wie schrieb Marx – pardon, das Känguru – weiter in seinem Hauptwerk, „Opportunismus und Repression“?
„Ein Känguru geht um in Europa. [...] Das Känguru wird bereits von allen europäischen Mächten als eine Macht anerkannt. Es ist hohe Zeit, dass das Känguru seine Anschauungsweise, seine Zwecke, seine Tendenzen vor der ganzen Welt offen darlegt und dem Märchen vom Asozialismus ein Manifest des Kängurus entgegenstellt.“
Erst mit dem Beuteltier kommt also Action (da ist es doch, das „A“ wie also Action!) in die Geschichte. Um nicht zu sagen: ohne Känguru keine Geschichte.
Jetzt stellen wir uns mal ganz doof und uns darüber hinaus mal vor, das Känguru wäre irgendwo anders hingezogen, also zum Beispiel in die Platte nach Hellersdorf oder nach Mitte, in eine Eigentumswohnung. Ohne Next-Door-Neighbor mit schriftstellerischen Ambitionen. Dann würde nicht nur sprichwörtlich nichts passieren: es würde generell einfach GAR NICHTS passieren: Marc-Uwe, der Kleinkünstler – „Ah! Das böse Wort“ – mit „Migränehintergrund“ würde den lieben langen Tag im Schlafanzug in der Hängematte versumpfen, Nietzsches Gesamtwerk nicht lesen (K I, DKC: Verräterisches Cellophan) und Pläne schmieden, „Nichts“ zu tun. Das wäre dann vermutlich ein Werk, das den Beinamen „Moderne Ulysses“ verdient hätte. Nur viel langweiliger als das Referenzwerk. Und dann der Titel, denken wir uns das Känguru mal weg: „Die Marc-Uwe-Chroniken“ – puh, klingt wie ein echter Ladenhüter. Wen soll DAS denn interessieren? Das Känguru ist eben Kult. Basta. (Schon wieder ein Wort mit „B“, das „B“ ist definitiv das neue „A“.)