Soziale Nöte und Desillusionierung: Für die meisten Menschen waren die 1920er Jahre alles andere als „golden“. Politische Unruhen, die zunehmende Industrialisierung und die Hyperinflation zu Beginn der 20er-Jahre führte dazu, dass die vom Krieg gebeutelten Menschen erneut harte Zeiten bestehen mussten. Die Hauptstadt Berlin der 20er Jahre war finanziell ruiniert und Arbeitsplätze rar. Erst als nach der Einführung der Reichsmark im Jahr 1924 der wirtschaftliche Aufschwung einsetzte, verbesserten sich die Lebensbedingungen vieler Berliner. In den goldenen 1920er Jahren, die bis 1929 reichten, fanden mehr Menschen wieder eine Arbeit, die Kultur- und Musikszene erlebte einen Aufschwung und das Berliner Nachtleben blühte auf. Neben bitterer Armut prägte nun auch rauschhafte Vergnügungssucht das Großstadtbild. Berlin 20er Jahre glich einem Tanz auf dem Vulkan.

Lasterhafte Metropole: Berlin der 20er Jahre

Zahlreiche Amüsierbetriebe öffneten ihre Tore und lockten Berliner und zunehmend auch Besucher aus aller Welt an. Jeder, der es sich leisten konnte, stürzte sich ins nächtliche Vergnügen. Neben dem legendären Adlon, das die feinere Gesellschaft zum Tanztee lud, zogen Nacht- und Tanzlokale wie das Kakadu oder das Moka Efti Tanzwütige aller Schichten in Strömen an. Im Himmel und Hölle, einem Etablissement mit zwei Restaurants und Bühnenprogramm, verfolgte hingegen ausschließlich die Elite Nacktrevuen und erotische Cabarets.

Ebenso legendär wie die Gastbetriebe waren die prominenten Künstler der Nachtszene, zu denen auch Josephine Baker zählte. Nach ihrem ersten Auftritt im damals beliebten Nelson-Theater am Kurfürstendamm, überschlugen sich Publikum und Presse vor Begeisterung für die damals erst 19-jährige Nackttänzerin. Sie wurde zum Sinnbild einer neuen Sexualmoral, die den Zeitgeist des wilden und freizügigen Nachtlebens im Berlin der 1920er Jahre wiederspiegelte. Denn ganz gleich, ob im glamourösen Varieté, in der edlen Tanzbar oder in der schäbigen Hinterhofspelunke: Fast immer war viel nackte Haut mit ihm Spiel.

Käufliche Liebe: Prostitution als Massenphänomen

Auch an sexuellen Angeboten mangelte es nicht. In Folge der Armut wurde Prostitution zu einem Massenphänomen. So war auch die Gelegenheitsprostitution weit verbreitet. Junge Damen nutzten die Gunst der Stunde, wenn sie einen spendablen Freier gefunden hatten. Nicht selten waren die Gaststätten darauf vorbereitet und boten im hinteren Bereich Separees an, die dieser verdeckten Prostitution dienten.

Oftmals war die Prostitution die einzige Möglichkeit, um sich ein Einkommen zu sichern. Die existenzielle Not führte dazu, dass Frauen wie Männer und minderjährige Knaben ihren Körper in Hinterhofbordellen, in Hotels und auf der Straße verkauften. Die schmucklose Halbwelt der 20er-Jahre bescherte ihnen ein Leben zwischen Drogen, Sex und Alkohol. Wie starke Charaktere ihr Leben im Bordell der goldenen 1920er Jahre meistern, erlebt ihr hautnah und packend erzählt im Audible Original-Hörspiel „Die Juten Sitten. Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten“.

Vergnügungssucht als Flucht vor der Realität

Die Vergnügungssucht im Berlin der Weimarer Republik kam nicht von ungefähr. Millionen von traumatisierten und desillusionierten Menschen suchten im Rausch des nächtlichen Treibens ihre Flucht vor der Realität und einer unsicheren Zukunft. Nach Hyperinflation und mehreren kleinen Inflationen standen Existenzängste in der politisch unsicheren Metropole Berlin an der Tagesordnung. Als Folge des Elends stürzten sich Millionen von unterernährten und vergnügungssüchtigen Männern und Frauen ins ausschweifende Nachtleben. Die Amüsierbetriebe boten eine willkommene Abwechslung und verscheuchten für mehrere Stunden die Angst vor Krieg und Armut. Auch die gekaufte Liebe bot Zerstreuung vom Alltag, denn sie täuschte für kurze Zeit über die harte Realität in den 20ern hinweg.

Zugleich löste die Desillusionierung nach dem Krieg eine massenhafte Abkehr von den wilhelminischen Moralvorstellungen des Kaiserreichs aus. Die Prüderie wich einer Freizügigkeit und für viele war das Ausleben der eigenen Sexualität ein Akt der Selbstbestimmung. Die neue Offenheit sorgte auch dafür, dass sich Schwule, Lesben und Transsexuelle nun ohne Scheu in der Öffentlichkeit zeigten. Auch sie lebten ihre Fantasien im sündigen Nachtleben des damaligen Berlins aus. So wurde die preußische Metropole in den 20ern zu einem erotischen Anziehungspunkt für Menschen jeglicher sexueller Ausrichtung.

Das sündige Berlin: 20er-Jahre im Hörbuch

Zwischen Sex, Rausch und Elend: Wagt einen Blick hinter die Fassade von Glamour und Vergnügungssucht. Erlebt in spannenden Hörbüchern, wie sexuelle Freizügigkeit und käufliche Liebe die Ära der „Golden Twenties“ beeinflussten.

Die juten Sitten
Der nasse Fisch
Menschen im Hotel
Das zweite Gesicht

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