Frauen spielen in vielen Hörbüchern die Hauptrolle – und das aus gutem Grund. Egal, ob ihr Science-Fiction, historische Romane oder Thriller liebt: Wir stellen euch Heldinnen der Literatur vor, die echte Vorbilder sind.

Eine Frage der Chemie

Nicht unterzukriegen: Elizabeth Zott

Gestatten: Elizabeth Zott. So streitlustig, selbstbewusst und geradeheraus war lange keine weibliche Romanfigur mehr. Die junge Chemikerin muss im Amerika der frühen 60er Jahre gegen Sexismus und Chauvinismus ankämpfen – und auch das Schicksal springt nicht eben zimperlich mit ihr um. So landet Elizabeth nach einigen Verwicklungen bei einer biederen Kochshow. Und erklärt fortan ihren Zuschauerinnern nicht nur, wie sie ein schmackhaftes Abendessen zubereiten. Sondern auch, wieso es allerhöchste Zeit ist, die Zustände zu ändern. Das macht sie so smart, humorvoll und unerschrocken, dass es eine einzige Freude ist, ihr dabei zuzuhören.

Der Autorin Bonnie Garmus gelang mit ihrem Debüt Eine Frage der Chemie aus dem Stand ein Riesenerfolg. Die Filmrechte sind bereits verkauft, Brie Larson soll die Titelrolle spielen. Über ihre Figur hat die Autorin verraten:

Von Anfang an wollte ich von einer Figur schreiben, die wusste, wer sie war, und sich nicht ständig in Frage stellte oder stundenlang darüber nachdachte, was oder wie sie sein sollte. Manchmal musste sogar ich über ihr Selbstbewusstsein staunen: Sie zerbricht sich nicht den Kopf – sie handelt.

Bonnie Garmus

Tintenherz

Furchtlose Fantasy-Heldin: Meggie Folchart

Einmal die Figuren aus unseren liebsten Hörbüchern im echten Leben zu treffen – das klingt ziemlich aufregend, oder? Auch Bücherwurm Meggie Folchart denkt darüber nach. Und dann passiert das Unglaubliche: Die Fee Tinkerbell taucht im Kinderzimmer der 12-jährigen Halbwaisen auf. Dabei hat das Mädchen, das seit dem dritten Lebensjahr ohne Mutter lebt, Peter Barries Klassiker Peter Pan doch nur laut vorgelesen! Das blonde Mädchen mit den strahlend-blauen Augen ist geschockt. Wie ist das nur möglich?

Cornelia Funkes erfolgreiche Fantasy-Romane bezaubern auch Erwachsene. In ihnen geht es um weit mehr als Meggies mutigen Kampf gegen den bösen Capricorn, der sich in der realen Welt richtig wohlfühlt. In der Tintenwelt regieren fiktive Figuren – die Person, die schreibt, tritt in den Hintergrund. Unser Urteil: Wenn ihr Fantasy-Hörbücher mögt, werdet die Tintenwelt-Serie rund um die mutige, scharfsinnige und coole Protagonistin Meggie Folchart lieben!

Herrscherin über fremde Welten: Leia Organa

Die dunkle Bedrohung

George Lucas‘ großes Science-Fiction Epos – wir alle verbinden damit ganz eigene Erinnerungen. Gebannt haben wir vor dem Fernseher als Kinder Han Solos wahnwitzige Manöver im Milleniumfalken verfolgt. Später im Kino hat uns Luke Skywalker mit auf eine Reise quer durch die Galaxis genommen – mitten ins Zentrum der dunklen Macht. Mit unserer Hörbuch-Serie zu den weltbekannten Filmen – gelesen von Philipp Moog, der Synchronstimme von Ewan McGregor alias Obi-Wan Kenobi – taucht ihr ein in das komplexe, konfliktbelastete und oft chaotische Star-Wars-Universum. Hier treten Jedi Ritter gegen dunkle Sith Lords an – im uralten Kampf zwischen Gut und Böse.

In dieser Welt ist Science-Fiction-Heldin Leia Organa Solo ein wichtiger Ruhepol. Dabei löst die Jedi-Ritterin und Mutter dreier Kinder Konflikte so friedvoll wie möglich – Leia Organa ist Pazifistin (im Gegensatz zu ihrem Ehemann Han Solo, der sich durch Schmuggler-Abenteuer und waghalsigen Flugmanövern einen Namen macht).

Und: Die Zwillingsschwester von Luke Skywalker widersetzt sich dem gängigen Prinzessinnen-Klischee: Anstatt sich auf ihrem Adels-Titel auszuruhen, lebt sie für die Politik und den Frieden. Schon jung wird sie zur Senatorin, führt die Rebellen-Allianz im Galaktischen Bürgerkrieg an und baut als Diplomatin die Neue Republik mit auf. Über ihre Tanten sagt sie: „Nie haben sie in ihren Bemühungen nachgelassen, mich zu einer sogenannten anständigen Prinzessin zurechtstauchen zu wollen“. Eine starke Frau, die in einer kriegerischen Welt ihren ganz eigenen Weg geht – fokussiert, intelligent, erfrischend unaufgeregt.

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In den Fängen der Vergangenheit: Top-Ermittlerin Kate Burkholder

Die Zahlen der Toten

Genau wie Leia Organa behauptet sich auch Kate Burkholder in einer Welt voll blutiger Gewalt. Jedoch ist sie keine intergalaktische Prinzessin, sondern arbeitet als Polizeichefin in einer amerikanischen Kleinstadt. Genauer gesagt: im verschlafenen Painters Mill, einem kleinen Dorf in Ohio. Die junge Frau will ernst genommen werden, sich als Chefin beweisen – gleichzeitig belastet sie ihre eigene Vergangenheit. Denn Kate Burkholder ist bei den Amischen aufgewachsen.

In dieser christlichen Glaubensgemeinschaft dreht sich alles um starre Regeln: Frauen tragen Kleider, die die Knie bedecken, die Haare sind züchtig unter einer Haube versteckt. Eine Heirat aus Liebe? Undenkbar. Ein Leben weit weg von Emanzipation und Selbstbestimmung. Die Vorschriften der gläubigen Christen schränken sie ein, sie sehnt sich nach der Welt „auf der anderen Seite“. Als Jugendliche zieht Kate Burkholder einen Schlussstrich: Sie verlässt die Gemeinschaft – getrieben von einem unstillbaren Durst nach Freiheit. Doch der Schritt in ein neues Leben schmerzt. Denn die Amischen folgen strengen Regeln: Wer die Gemeinschaft einmal verlässt, ist für immer gebannt. Als die junge Frau geht, muss sie alles zurücklassen – Familie, Freunde, ihr ganzes Leben.

Doch bei ihrem aktuellen Fall holt Kate Burkholders Vergangenheit sie wieder ein. Auf einem schneebedeckten Feld liegt die Leiche einer jungen Frau. Eingeritzt in ihren Bauch: römischen Zahlen. Alles deutet auf einen kaltblütigen Serienkiller hin, der bereits vor Jahren in der Gegend sein Unwesen getrieben hat. Ist „der Schlächter“ wieder aktiv? Ihre Suche nach dem Killer führt die Polizeichefin zurück in ihr altes Leben. Diese Crime-Heldin ist besonders scharfsinnig und selbstbewusst.

Unerbittliche Expertin: Rechtmedizinern Julia Schwarz

Nachtspiel

Ihre Vergangenheit verfolgt auch Rechtsmedizinerin Julia Schwarz. Seitdem ein brutaler Mörder sein Unwesen treibt, leidet die Expertin erneut unter schrecklichen Albträumen – ganz wie nach der Ermordung ihres kleinen Bruders vor 15 Jahren. Die junge Frau flüchtet sich in ihre Arbeit, will einfach nur vergessen. Doch da liegt schon die nächste Leiche auf dem Obduktionstisch. Ihr Kollege, Kriminalkommissar Florian Kessler, vermutet einen neuen Fall. Doch Julia Schwarz ahnt: Hinter den Morden steckt mehr. Eine dunkle Vorahnung beschleicht sie. Ist sie selbst in das Visier des kaltblütigen Killers geraten? Gemeinsam mit Kommissar Kessler geht die Pathologin auf eine unermüdliche Spurensuche.

Fokussiert, mit messerscharfem Verstand und kühlem Kopf: Begleitet die toughe Wissenschaftlerin Julia Schwarz bei ihren Ermittlungen. Fans von atemloser Spannung kommen hier auf ihre Kosten – „Nachtspiel“ ist ein fesselnder Psychothriller, der euch das Blut in den Adern gefrieren lässt.

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Stark im Angesicht des Todes: Agnes Magnúsdóttir

Das Seelenhaus

Wir reisen zurück ins frühe neuzehnte Jahrhundert, genauer gesagt ins Jahr 1828. Im eisigen Nordisland erledigt Agnes Magnúsdóttir ihre Pflichten als Magd gewissenhaft. Doch ihre Vergangenheit liegt im Dunklen: Sie zieht von Hof zu Hof, arbeitet mal hier, mal dort. Wer Agnes wirklich ist und wo sie herkommt, erfahren wir erst, als sich ein schrecklicher Doppelmord ereignet: Zwei Männer werden brutal erstochen. Der Bauernhof, auf dem das Verbrechen stattgefunden hat, angezündet. Schnell steht scheinbar fest, wer dahintersteckt: Agnes Magnúsdóttir wird schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Aber der Henker braucht Geduld. Erneut prüfen die Behörden in der Hauptstadt das Urteil – das dauert.

Ganze zwei Jahre lang wartet Agnes auf den Tod. In der Zwischenzeit lebt sie zuerst unter unmenschlichen Bedingungen auf dem Stóra-Borg-Hof, anschließend als Magd auf dem Kornsáhof. Der Grund: In Island gibt es Anfang des 19. Jahrhunderts kein einziges Gefängnis. Auf dem Kornsáhof ist Agnes aufgewachsen und hier darf sie in den letzten Monaten ihres Lebens noch einmal „sie selbst“ sein: Sie erntet Heu, strickt und gewinnt nach und nach das Vertrauen der Familie, die sie nur widerwillig in ihrem Haus aufgenommen hat. Als sie sich einem jungen Vikar anvertraut zeigt sich: Hinter der Geschichte der angeblichen Hexe steckt viel mehr.

In Das Seelenhaus tauchen Fans von historischen Romanen ein in das isländische Leben vor der Unabhängigkeit von Dänemark. Harte Arbeit in der klirrenden Kälte, karges Essen und strenge christliche Regeln bestimmen den Alltag. Vor allem erzählt Hannah Kent die Geschichte der echten Agnes Magnúsdóttir die als letzte Frau in Island hingerichtet wurde. Dabei stellt sie die Heldin als vielschichtigen Charakter dar, als selbstbewusste, gebildete Frau. Gleichzeitig kritisiert die Autorin eine Gesellschaft, in der eine Magd ohne Besitz von Anfang an keine Chance hat – in den Augen der Behörden und ihrer Mitmenschen ist und bleibt Agnes kriminell. Anschaulich, spannend, tragisch – ein Muss für alle, die detailreich erzählte, historische Hörbücher lieben.

Stummer Protest: eine “namenlose Erzählerin”

The Yellow Wallpaper

Wir bewegen uns zeitlich weiter, ins späte 19. Jahrhundert. Auch die namenlose Heldin in Charlotte Perkins Gilmans weltbekanntem Klassiker „The Yellow Wallpaper“ ist ein Opfer ihrer Zeit. Die Geschichte: Die anonyme Erzählerin bekommt einen Sohn. Doch schon kurz nach der Geburt spürt sie: Der Junge macht sie nicht glücklich, sondern nervös, traurig, krank. Die Frau leidet an einer postnatalen Depression. Frauen, die davon betroffen sind, schlafen nach der Geburt schlecht, sind scheinbar ohne Grund traurig und fühlen sich schuldig.

Von dieser Diagnose wussten die Menschen damals noch nichts. Ihr Ehemann John verschreibt unserer anonymen Heldin eine „Ruhekur“ – als Arzt weiß er schließlich am besten, was ihr guttut. Selbst ein Sommerhaus mietet der besorgte Ehemann an. Hier, in einem gelb tapezierten Zimmer im Obergeschoss, einem ehemaligen Kinderzimmer, soll sich die Hauptfigur von ihrer „leicht hysterischen Tendenz“ erholen. Von nun an ist die Ehefrau ans Bett gefesselt: sich bewegen, arbeiten, an die frische Luft gehen? Kommt nicht in Frage.

Was als Ruhepause gedacht war, entpuppt sich bald als echter Albtraum: Immer mehr verliert sich die junge Frau in ihren Gefühlen, entwickelt einen regelrechten Hass auf die „abstoßende“ gelbe Tapete. Obwohl es scheint, als würde sie sich ihrem Schicksal ergeben, lehnt sich die namenlose Frau auf und hinterfragt – eine stumme Heldin. Doch gegen den dominanten Ehemann hat sie keine Chance. Schritt für Schritt verliert sie den Verstand – still und von der Außenwelt abgeschottet. Dabei symbolisiert die gelbe Tapete ihren geistigen Verfall: Sie scheint abzublättern, zu bröckeln.

Diese englischsprachige Geschichte rund um die leise Gefangenschaft einer kranken Frau ist nur 35 Minuten lang. Trotzdem ist The Yellow Wallpaper einer der wichtigsten feministischen Klassiker. Autorin Perkins Gilman hält ihre Hauptfigur ganz bewusst anonym. Denn zu dieser Zeit ist es normal, dass Männer bestimmen, wie ihre Frauen leben – unsere Heldin ist also vielmehr ein Symbol für alle unterdrückten Frauen dieser Zeit. Ein eindringlich erzähltes, komplexes und wichtiges Hörbuch – und ein absolutes Muss für alle Fans von Klassikern.

Ein neues Leben im Hier und Jetzt: Eleanor Oliphant

Ich, Eleanor Oliphant

Zum Schluss geht es für uns noch einmal zurück in die Gegenwart. Eleanor Oliphant arbeitet in einer hippen Grafikdesign-Agentur. Jedoch nicht als Kreative, sondern in der Debitorenbuchhaltung – kein sonderlich aufregender Job. Zwischen ihren Kollegen ist sie die graue Maus und wirkt wie eine Nebenfigur in ihrem eigenen Leben.

Spontan nach der Arbeit in eine Bar gehen, trendige Klamotten tragen, einfach mal ausgelassen sein? Nicht mit Eleanor. Wie die zurückgezogene, schüchterne Frau überhaupt in diesem Job gelandet ist? Aus Mitleid – vermutet sie. Schließlich hat sie ihrem Chef beim Vorstellungsgespräch mit bandagiertem Armen, einem blauen Auge und herausgeschlagenen Zähnen gegenübergesessen.

Erst als Eleanor sich plötzlich verliebt, traut sie sich ein wenig aus ihrem Schneckenhaus. Schritt für Schritt öffnet sie sich der Welt und erzählt von ihrer traumatischen Vergangenheit – ihrer Kindheit, die sie so geprägt hat. „Ich, Eleanor Oliphant“ erzählt die Geschichte einer Frau, die sich selbst befreit – aus Gewalt, Abhängigkeit und letztendlich auch von ihren eigenen Ängsten und Unsicherheiten. Ein ergreifendes, spannendes und an vielen Stellen komisches Hörbuch über das Anders- und damit Genau-richtig-Sein – wer zeitgenössische Literatur mag, wird dieses Hörbuch gierig in sich aufsaugen.

Egal, ob ihr Fantasy, schaurige Thriller, Klassiker, Science-Fiction oder zeitgenössische Romane liebt: Unsere starken weiblichen Hauptfiguren beeindrucken mit messerscharfem Verstand, gehen mutig voraus oder leben ganz im Hier und Jetzt. Vielschichtig, faszinierend, anders – einfach echt. Diese Frauen sind wahre Heldinnen der Literatur.