Treffen sich zwei Trekkies. Sagt der eine: „Wie findest Du eigentlich Star Trek: Discovery?“ Sagt der andere: „Mhmm, ganz okay. Aber irgendwie fühlt es sich nicht an wie eine richtige Star-Trek-Serie.“

Tja, aber was ist das, „eine richtige Star-Trek-Serie“, fragt sich da vermutlich der Laie und denkt an die Tatsache, dass ja irgendwie alles im Weltraum spielt und die Menschen in den Raumschiffen auf dem Weg zu irgendwas, zum Beispiel den „Galaxien, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“.

Doch weit gefehlt. Für viele Fans klafft ein großer Abstand zwischen den Abenteuern der Crew der USS Enterprise NCC-1701-D und denen der USS Discovery NCC-1031 – nicht nur visuell. Während auf der Discovery die Gefahr häufig auf dem eigenen Schiff lauert und der Zuschauer sich irgendwann fragen muss, wem er da eigentlich noch trauen kann, hatte dieses Problem die Mannschaft unter Captain Jean-Luc Picard nie. Wenn einer mal aus der Reihe fiel, dann war er fremdgesteuert, aus einem Paralleluniversum oder hatte sonst eine andere gute Ausrede (Romulaner?). Und am Ende fand sich stets eine Lösung.

Der Zukunftsoptimismus und der stete Glaube an eine Lösung für Konflikte, das war der Kern der Narrative aller 1980er- und 1990er-Star-Trek-Serien, von der nächsten Generation bis zu Voyager. Kein Gesicht wird damit mehr verbunden als das Patrick Stewarts. Der 79-jährige Brite mit der sanften Stimme, der auch in Interviews stets reflektierte und kluge Antworten gibt, ist das Aushängeschild für den Glauben an eine positive Zukunft, in der Lebewesen einander achten und akzeptieren in ihren Unterschieden und in der eine aufrichtige, ehrliche Diskussion der Schlüssel des Voranschreitens ist. Wann genau ist diese Utopie eigentlich abhandengekommen?

Faszination Star Treck: Wie viel Raumschiff Enterprise steckt in Picard noch drin?

Jetzt ist er jedenfalls wieder da, Patrick Stewart als Jean-Luc Picard – und mit ihm der feste Glaube, dass alles noch zu retten ist. Das ist vielleicht genau das, was wir gerade brauchen in Zeiten der Klimakatastrophen und instabilen politischen Lagen. Star Trek setzt in dieser Beziehung auf seine eigene fiktionale Greta: einen nicht mehr ganz jungen Weinbauern, der sich auskennt mit Wein, Diplomatie und Raumfahrt. Deshalb zeigt die Kamera in der ersten Folge fast ehrfurchtsvoll das Gesicht Jean-Luc Picards, zeigt seinen Blick, der über die Felder des Châteaus streift, in dem der ehemalige Sternenflotten-Admiral jetzt lebt. Dieser Picard aber ist ein gebrochener Mann, der von Albträumen geplagt wird, ein Kommandant, der ein freiwillig-unfreiwilliges Exil gewählt hat, das ihm ganz offensichtlich als Gefängnis erscheint.

Als französischer Winzer fühlt Picard sich offensichtlich unnütz. Verständlich – auch die schönste kalifornische Weinlandschaft, die hier als Frankreich herhalten darf, wird irgendwann langweilig. Der Ex-Admiral will wieder an die Front. Muss er auch, denn das hier ist ja schließlich Star Trek, beinhaltet also naturgemäß Raumschiffe und Sternenabenteuer. Picard fällt in Letztere hinein, als Beobachter und Denker, als Initiator, ein Macher.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Serie weiterentwickeln wird. Eine Dystopie wird es wohl nicht werden. Picard, der Besonnene, wird sicher Lösungen finden, seine Ideale vertreten, weise bleiben. Es ist faszinierend zu sehen, dass sich die Macher rund um Showrunner Alex Kurtzman, der von CBS engagiert wurde, um das Franchise auszubauen, ausgerechnet für Picard entschieden haben, um die Trek-Zukunftsgewandtheit zu entstauben. Es scheint fast, als ob in der Nostalgie der Schlüssel zur Zukunft liegt. Ist vielleicht ja nicht das Schlechteste. Schließlich war früher bekanntermaßen ja auch alles besser.

Star Trek auf die Ohren

Jeden Freitag ist eine neue Folge der bereits 2. Staffel von Picard bei Amazon Prime streambar. Wer nicht so lange warten will, dem empfehlen wir diese Juwelen:

Götter der Nacht
Heimkehr
Am Scheideweg
Eine neue Ära
Gegen die Zeit