Schaut man in die Bestsellerlisten, springen sie einem von jedem dritten Cover ins Gesicht: Vampire! Das macht man eine Zeit lang mit, aber schon bald ist der Hype vorbei und es beginnt die Suche nach neuen unterhaltsamen Gefährten. Und was würde für die Generation Klimakatastrophe und -Apokalypse besser passen, als zum Beispiel Zombies?

Das Zombie-Genre und die Zombie-Apokalypse am Puls der Zeit: Der US-Regisseur Jim Jarmusch zum Beispiel hat mit „Only Lovers Left Alive“ zuerst einen Vampir-Film gedreht, dann aber mit „The Dead Don’t Die“ einen Zombie-Film, der sich besser als Anti-Trump- uns Klimawandel-Metapher anbietet...

Schon titelt die Fachpresse Zombies seien die neuen Vampire. Aber kann man die ungleichen Untoten überhaupt miteinander vergleichen? Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Zombies vs. Vampire

Was ist ein Zombie? Beginnen wir mit dem Augenscheinlichen. Weniger intelligent als der Vampir tritt der Zombie gerne in Gruppen auf. Er ist hässlicher als der Blutsauger und da er sich von Gehirn ernährt sind auch seine Manieren ein Stück schlechter. Bisher also eine schlechte Quote. Dafür ist der Zombie recht resistent. Sonnenstrahlen, Kreuze, Holzpflöcke, Knoblauch und ähnliche Scherze können ihm nichts anhaben. Man muss – wenn schon, denn schon - sein komplettes Gehirn zerstören damit er final stirbt. Dafür sind Vampire ungleich mächtiger. Sie haben Flugfähigkeit, Metamorphose, Hypnose, Wettermagie um nur einige zu nennen.

Was bedeutet das für den Leser?

Der Vampir bietet definitiv ein höheres Identifikationspotential. Er (oder Sie) wird häufig als von überlegener sozialer Stellung gekennzeichnet, z.B. als adelig. Zugleich ist er animalisch und diabolisch, und wird so auf beneidenswerte Weise gefährlich und begehrenswert gleichzeitig. Aber er zahlt dafür einen anderen Preis: er steht ständig im Fokus bürgerlicher Moralvorstellungen. Eine enge Beziehung mit ihm ist zwar extrem spannend, aber Vorsicht, sie endet meistens mit dem Tod. Attraktiv, blutgierig und nicht tot zu kriegen - Vampire sind eher Stoff für Romantic Fantasy.

Bei Zombies ist das Verhältnis zur Heldenfigur und damit zum Leser klarer. Sie sind nicht nur viele und verdammt hässlich, sie wollen auch noch unser Gehirn fressen. Und sie sind ansteckend: jeden, den sie beißen, verwandeln sie ebenfalls in einen Zombie. Da gibt es keinen Grund zur Zurückhaltung. Man kann seinen Phantasien und Bekämpfungsmethoden freien Lauf lassen.

Wenn ich die Wahl zwischen Vampiren und Zombies hätte, würde ich mich für die Vampire entscheiden. Vampire sind sophisticated, elegant und erotisch, und sie können sich in Wölfe oder Fledermäuse verwandeln. Zombies hingegen sind einfach nur verblödete Deppen, die als Untote durch die Gegend wackeln.

Jim Jarmusch

Wie erledigt man Zombies?

Mögliche Waffen sind: Rasenmäher (im Film BRAINDEAD), Motorräder (im Hörbuch FEED), Sportflugzeuge (im Hörbuch TAGEBUCH DER APOKALYPSE) oder schlicht die 9mm (im Hörbuch EDEN).

Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, denn die Untoten stehen dem Leser als klare Antagonisten gegenüber.

Damit kommt langsam die unterschiedliche Erzähl-Logik der beiden Figuren in den Blick. Wurden Vampire in Zeiten von DRACULA wegen der vorherrschenden Sexualmoral noch als abgrundtief böse und verdammenswert beschrieben, so kommen sie heutzutage zwitterhaft daher. Im Widerstreit mit ihren Begierden sind sie so zusagen gefangen im ewigen Morgengrauen zwischen Gut und Böse. Eine moderne, aber am Ende des Tages auch eingeschränkte Konstellation, da der Vampir seiner wahren Natur nie wirklich freien Lauf lassen darf. Sonst wäre er zu böse, um sich mit ihm zu identifizieren. So darf Hauptfigur Louis in Anne Rice INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR sich lediglich von langweiligen Tieren ernähren, weil er ja trotzdem ein „Guter“ ist. Auch Edward und Bella sind dazu verdammt es quasi beim ewigen Vorspiel bewenden zu lassen, damit Edward nicht plötzlich doch seiner Natur folgt und Bella einfach tot beißt (oder was sagt der aktuelle Kinofilm?). Und überhaupt, wie komme ich eigentlich damit klar, dass sich mein Lebenspartner ausschließlich von Blut ernährt? Aus den Augen der menschlichen Gesellschaft wird der bleiche Liebhaber schnell zur absonderlichen Monstrosität.

Was ist ein Zombie?

Ganz anders sieht es im Zombie Genre aus. Hier gibt es keinen Zwiespalt, sondern kühle Realität. In FEED zumm Beispiel, haben sich die Bürger und Blogger einer nahen Zukunft gegen die allgegenwärtige zusammengeschlossen. Wenige Zonen werden von den Menschen mit hohem technischem Aufwand vor den Monstern gesichert. Wer in dieser Welt die Sicherheitsvorkehrungen verletzt, setzt nicht nur das eigene Leben, sondern das der ganzen Community auf´s Spiel. Und wer sich infiziert hat, darf nicht mehr in die sicheren Gebiete zurückkehren. Hier geht es also weniger um Erotik und Herzschmerz, sondern um die harte Rationalität einer Notsituation. Die Fragen lauten: Was passiert, wenn unsere Ordnung zusammenbricht? Und: wie stehe ich selbst als der Einzelne im Verhältnis zur Gesellschaft?

Zombies als Spiegel der Gesellschaft

Insgesamt werden bei Zombie-Apokalypse-Geschichten häufiger gesellschaftskritische Fragen gestellt. Denn sind wir wirklich so viel besser als diese Untoten? Im Klassiker ZOMBIES IM KAUFHAUS zum Beispiel, gehen die Untoten auch nach dem Tod ihres menschlichen Körpers immer noch gerne zum Einkaufen. Sie werden zum Sinnbild der gleichgeschalteten Masse, der die Helden entkommen müssen und sind also nicht bloß Feindbild sondern gleichzeitig Spiegel der Gesellschaft. Auch die Massenmedien werden kritisch durchleuchtet, wie zum Beispiel in Briane Keene´s TOTES MEER, wo das Fernsehen aus den wandelnden Leichen einen Medien-Hype zu machen versucht, nur um bald festzustellen, dass diese Katastrophe weit größere Ausmaße hat. Die letzten tatsächlich denkenden Menschen haben es in diesem Setting schwer zu überleben, zumal das Militär beim Einkesseln der Zombies auch hin und wieder mal einen Lebendigen erwischt (z.B. bei 28 WEEKS LATER). Kollateralschäden eben.

Über die Möglichkeit der Beziehung zu den Untoten wird im Falle der Zombies leider höchst selten diskutiert. Eine Ausnahme ist das Buch DIE ZOMBIES von Thomas Plischke, wo es um das Gefühl geht halb lebendig und halb tot zu sein.

Zombies vs. Vampire - Zwei Endzeit-Thriller im Vergleich

V-Wars
World War Z

Zombies vs. Vampire - jetzt noch mal zusammengefasst:

Man kann sagen, dass es bei den Zombies um eine Bedrohung der gesamten Gesellschaft geht. Dadurch ist die Anlage dieser Geschichten radikaler und erlaubt mehr Spielraum. Wenn bereits alles im Argen ist, kann man eigentlich gleich alle Werte komplett neu verhandeln. So werden Fragen gestellt, die in den häufig einfacher strukturierten moralischen Wertungsmustern vieler Vampir Romane so nicht vorkommen würden. Das ist zwar nicht immer besonders romantisch, aber verdammt interessant. Sind Zombies deswegen die besseren Vampire? Das bleibt dem eigenen Geschmack überlassen. Ich finde allerdings schon.

Zombie Hörbücher-Bestseller:

Tagebuch der Apokalypse 1
Eden
Totes Meer

Was ist eure Meinung? Ich freue mich über viele Kommentare!