Gabi, wir treffen uns in dem sehr traditionellen Restaurant "Zum Bären" in Frankfurt Höchst. Warum hast du es ausgesucht?

Das war ein bisschen Lokalpatriotismus (lacht). Als Frankfurterin liebe ich unsere Apfelwein-Wirtschaftskultur.

Hier ist es auch sehr gemütlich! Gabi, erzähl doch mal aus dem Nähkästchen. Wie wurdest du Sprecherin?

Nach dem zweiten Staatsexamen in den 1990iger Jahren hatte ich mich dagegen entschieden, Lehrerin zu werden. Ein sehr guter Bekannter arbeitete damals in einer Werbeagentur und hatte beruflich Kontakt mit Sprechern. Er sagte mir, ich hätte eine gute Stimme und könnte auch beruflich damit arbeiten. Mir war das neu, aber ich habe mich drauf eingelassen und nahm einige Stunden bei einem Sprecherzieher.

Wo hast du dann als Sprecherin gearbeitet?

Zunächst konnte ich beim Frankfurter Sender Radio FFH mitarbeiten und kam dann in ZDF-Sprecherkartei. Dadurch wurde ich später die Auskunftsstimme der Telekom und blieb es viele Jahre. Das war eine tolle Sache. Irgendwann begann ich auch Hörbücher zu sprechen. Das waren zunächst Ratgeber, Managementtraining und Kommunikationstraining.

Jetzt sprichst du auch Romane für Audible!

Ja, dadurch, dass ich lange im Frankfurter Raum gearbeitet habe, kennen mich natürlich viele Tonstudios. So wurde ich gefragt, ob ich auch für Audible ein Hörbuch lesen wollte. Das ist mir sozusagen zugeflogen und ich habe mich sehr darüber gefreut.

Ein Sachbuch kannst du an jeder Stelle unterbrechen und kommst auch an jeder Stelle wieder rein, bei einem Roman geht das nicht so leicht.

Man sagt, Sachbücher seien leichter zu sprechen als Romane. Stimmt das?

Ja, auf jeden Fall. Ein Sachbuch wie zum Beispiel Die Kunst seine Kunden zu lieben von Stefan Merath ist leichter zu sprechen als ein Roman, denn man muss nicht in diesem Erzählfluss bleiben. Auch die Sprechhaltung ist eine ganz andere. Du kannst ein Sachbuch an jeder Stelle unterbrechen und kommst auch an jeder Stelle wieder rein. Bei einem Roman wie zum Beispiel Liebesglück auf Anchor Island von Terri Osburn muss man sich als Sprecher einfühlen, und man braucht ein sehr gutes Gedächtnis für die Charaktere, die man stimmlich umgesetzt hat.

Wie würdest du die Arbeit an einem Hörbuch charakterisieren?

Man muss auf jeden Fall über einen sehr langen Zeitraum stimmlich präsent und sehr konzentriert sein. Man muss sich auf sein Stimminstrument verlassen können. Auch nur bei ganz leichten Halsschmerzen hält man diese 8 Stunden am Mikrofon einfach nicht durch. Und man braucht eine sehr gute Vorstellung der Figuren im Roman. Sehr kleine Änderungen der Klangfarbe gestalten einen Charakter bereits ganz anders.

Für meine Arbeit hat sich dadurch das Spektrum durch die elektronischen Medien erweitert, das empfinde ich als positiv.

Was ist dein Rezept, dem gerecht zu werden?

Ich habe immer eine genaue Vorstellung der Hauptcharaktere und davon, wie sie zusammenspielen. Ich weiß genau, wie ich sie mir als Personen vorstelle. Das gibt mir die Sicherheit in der Aufnahme.

Ist der Raum Frankfurt für dich ein guter Arbeitsort?

Durch die Radio und Fernsehsender hat Frankfurt ein sehr breit gefächertes Angebot an Arbeitsmöglichkeiten für Sprecher. Wir haben hier auch viele Werbeagenturen. Synchron spielt zwar keine große Rolle in Frankfurt, doch das hat auch seine Vorteile. Wir bekommen keine Hochglanzproduktionen, aber Synchronsprechen habe ich immer als großen Spaß empfunden: Ich konnte mich in Frankfurt ausprobieren, ohne den Druck einer Hollywood-Kino-Produktion zu haben.

Verändert sich die Branche durch die digitalen Medien?

Ja, elektronische Medien spielen jetzt eine große Rolle, das fing ja schon vor Jahren mit Podcasts an. Außerdem gibt es den großen Bereich des E-Learnings, das gab es vorher in dieser Form nicht. Es gibt weniger klassische Funkwerbung, aber dafür mehr Werbung, die z.B. im Internet geschaltet wird. Für meine Arbeit hat sich dadurch das Spektrum erweitert, das empfinde ich als positiv.

Alle Hörbücher mit Gabi Franke findet ihr hier.