Friedrich Ani ist eine der renommiertesten deutschsprachigen Krimiautoren: Sieben seiner Romane wurden mit dem Deutschen Krimi-Preis bedacht, außerdem hat er eine „Romy“ und einen Grimme-Preis für seine Drehbuchadaptionen bekommen. Nun hat der Giesinger erstmalig exklusiv für Audible ein Hörspiel geschrieben. „Wenn der Mordmann kommt“ ist ein düsterer Krimi, in dem uns ein dubioser Ermittler – gesprochen von Peter Kurth – in eine zunehmend unheimliche Geschichte verstrickt. Im Interview verrät der Autor, wie er auf diese Idee kam.

Friedrich Ani, Hörspielfans können sich auf den 23. März freuen. Denn da erscheint bei Audible „Wenn der Mordmann kommt“, ein Krimi-Hörspiel aus Ihrer Feder. Worum geht es?

Es geht um einen Mann, der nachts in eine Bar kommt und unvermittelt anfängt, die Geschichte eines Verbrechens zu erzählen. Der Barkeeper – die einzige Person, die zunächst mit im Raum ist – hört am Anfang nur zu. Mit der Zeit fragt er sich aber immer irritierter, was ihm der Gast – Jon Andersen – eigentlich sagen will. Es stellt sich heraus, dass dieser Jon den Wirt kennt, der schon seit vielen Monaten nicht mehr in der Bar arbeitet, möglicherweise, weil er krank ist.

Wie geht es weiter?

Es gelingt dem Gast, den Barkeeper Hendrik weiter in seine Geschichten hineinzuziehen. Diese werden immer unheimlicher und verstörender. Sie handeln von einem Mord, bei dem man nicht weiß, wer ihn begangen hat. Etwas später kommt noch eine Nachbarin in die Bar, die dann ebenfalls interessiert zuhört. Jon – der sogenannte „Mordmann“ – kündigt an, dass es noch weitere mysteriöse Fälle gibt. Und so setzt er seine Geschichte am nächsten Abend fort …

Wenn der Mordmann kommt

Ihr Erzähler ist ein dubioser Typ.

Auf jeden Fall. Es gelingt ihm aber, den Zuhörer davon zu überzeugen, dass seine Geschichte stimmt. Tatsächlich gibt es innerhalb der Erzählung eine Logik und eine Folgerichtigkeit der Ereignisse. Das macht den Erzähler so unheimlich wie faszinierend.

In ihren Krimis geht es häufig um Verschwundene und Vermisste, so auch im „Mordmann“. Was fesselt Sie so an diesem Thema?

Mich hat die Möglichkeit, zu verschwinden, schon als Jugendlicher fasziniert. Ich hatte dauernd Pläne, unterzutauchen und woanders neu anzufangen. Als ich begonnen habe, Kriminalromane zu schreiben, habe ich bei der Polizei recherchiert und mir angeschaut, wie die Arbeit bei Vermisstenstellen in der Realität funktioniert. Das Interessante ist, dass da relativ wenig passiert. Das Gegenteil einer Mordkommission – schließlich gibt es keine Leiche.

Oft stellt sich heraus, dass selbst Freunde und Angehörige wenig über die verschwundene Person wissen. Diese Unachtsamkeit von Menschen für ihr nächstes Umfeld hat mich interessiert. Die Frage, was passieren muss, dass einer weggeht, hat mich nie mehr losgelassen – so bin ich zur Vermissten-Koryphäe geworden.

„Mich hat die Möglichkeit, zu verschwinden, schon als Jugendlicher fasziniert. Ich hatte immer Pläne, unterzutauchen und woanders neu anzufangen.“

(Friedrich Ani)

Es handelt sich um ein düsteres Krimihörspiel mit einer kammerspielartigen Atmosphäre. Bedeutet das, dass die komplette Handlung sich in der Bar abspielt?

Es ist ein sechsteiliges Hörspiel mit nur drei Protagonisten, das komplett in der Bar spielt. Aber in den Erzählungen des Gastes kommen viele Personen vor. Da ist viel Handlung um die einzelnen Figuren herum.

Ihre Krimis sind bekannt dafür, dass sie spannend sind, ohne besonders blutig oder brutal zu sein. Schwimmen Sie damit bewusst gegen den Mainstream?

Ich habe einfach eine Vorliebe für diese Vermisstenthematik. Damit sind meine Geschichten von vorneherein unblutiger. Ich habe vielleicht sogar eine Art Mainstream kreiert, weil im Laufe der letzten 10,15 Jahre immer mehr Geschichten von Verschwundenen gehandelt haben. Im Mordmann geht es aber – wie der Name schon sagt – um Mord, sonst würde es ja „Der Vermisstenmann“ heißen. Das Verschwinden ist hier nur die Rahmenhandlung.

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Die beiden Hauptrollen werden von zwei großartigen Schauspielern, Ken Duken und Peter Kurth, gesprochen. Konnten Sie mitentscheiden, wer die Rolle übernimmt?

Ich kenne viele Schauspieler und achte extrem auf Stimmen, aber ich habe mich zurückgehalten. Mir wurden früh einige Namen mitgeteilt, die in der engeren Auswahl waren. Als ich erfahren habe, dass Peter Kurth den Jon spricht, fand ich das natürlich toll. Besser kann man es sich nicht wünschen. Frauke Pohlman, die Nachbarin, ist auch eine absolut erfahrene Schauspielerin und Sprecherin.

Blick ins Studio: Peter Kurth und Ken Duken nehmen das Hörspiel "Wenn der Mordmann kommt" auf

Es gibt viele Menschen, die gerne zum Einschlafen Krimis hören, vermutlich, weil sie schon als Kinder zu „Die drei ???“ eingeschlafen sind. Die Idee, die am Anfang dieses Projekts stand, war, einen „Einschlafkrimi“ zu produzieren. Wie fanden Sie das?

Diese Grundidee fand ich fantastisch. Eine echte Herausforderung: Man soll etwas Spannendes erzählen, aber es soll trotzdem so sein, dass man dabei gemütlich und genüsslich einschlafen kann. Das ist ein Widerspruch. Ich habe dann Gedanken über die Erzählweise gemacht und mit einer Grundidee einfach angefangen.

Diese Geschichte eines Bar-Besuchers, der nachts unheimliche Geschichten von Verbrechen erzählt, hat sich dann so verselbständigt, dass ich das mit dem Einschlafen aus dem Blick verloren habe. Ich kann nicht beurteilen, wie einschlaftauglich diese Geschichten wirklich sind. Das wird sich herausstellen.

Gerade als Krimiautor möchte man seinen Leser doch bei der Stange halten. Hatten Sie den Impuls, Ihren Auftrag zu unterwandern?

Ich wünsche mir natürlich nicht, dass jemand mitten in meiner Geschichte einschläft. Das wäre schade. Aber wenn es passiert und derjenige hat Lust, am nächsten Abend weiterzuhören, ist alles gut. Ich persönlich höre nichts zum Einschlafen, weil ich sehr stimmenempfindlich bin. Wenn ich eine Stimme mag, höre ich zu. Ich werde da eher wach und folge der Stimme. Ich lasse mich jetzt also überraschen, ob die Hörenden sagen: „Bombig, dieser Mordmann, dabei schläft man echt super ein!“

Sie haben als Hörfunkautor angefangen, dann Romane und Drehbücher geschrieben. Wie fühlt sich die Rückkehr zu den Wurzeln an?

Das ist ein Kreis, der sich schließt. Für mich als Schriftsteller ist die Rückkehr zum Schreiben fürs Hören ein einziger Glücksfall. Ich bin absolut neu motiviert.

Es war Ihre erste Zusammenarbeit mit Audible – wie lief es?

Super geschmeidig: Ich durfte mich vollkommen entfalten. Ich habe mit der Münchner Lektorin Anke Bettinger zusammengearbeitet, die Kleinigkeiten poliert und die Form etwas gestrafft hat. Das war eine kreative und gemeinschaftliche Arbeit – fast das Gegenteil von dem, was man erlebt, wenn man Drehbücher schreibt. Da hat eigentlich immer jeder recht außer dem Autor. Audible und ich hatten einen Plan, dass ich immer zwei Folgen abgebe und dann die nächsten schreibe. Aber ich war dermaßen im Fluss und habe alle sechs Folgen in einem Rutsch durchgeschrieben. Die Freiheit hatte ich und dafür bin ich dankbar.

Welche Krimis lesen oder hören Sie gerne?

Ich höre regelmäßig Hörspiele, vor allem Kriminalhörspiele und Dokumentationen. Was mich in letzter Zeit wirklich begeistert hat, ist ein großes ARD-Projekt, das heißt „Saal 101“. Das ist der Sitzungssaal, in dem der NSU-Prozess stattfand. Der Prozess wurde nicht aufgezeichnet, aber einige wenige Journalisten waren dabei und haben mitgeschrieben, unter anderem Reporter der Süddeutschen Zeitung.

Die haben daraus ein Buch gemacht, aus dem dann ein Hörspiel unter der Federführung des Bayerischen Rundfunks entstand. Das ist eine unfassbar faszinierende Geschichte. Man wird hineingesogen in diese Thematik. Ich mag es, nur die Stimmen zu hören und alles passiert in meinem Kopf. Aber es ist wichtig, dass die Stimmen stimmen. Sonst dreh ich durch. Wenn sich eine Stimme nicht in mich hineinschmiegt, wird es schwierig.

Haben Sie einen Lieblingssprecher?

Nein. Aber ich muss sagen: Peter Kurth und der „Mordmann“, das ist eine außergewöhnliche und fantastische Kombination. Peter Kurth hat eine kraftvolle Stimme, kann aber auch weich und richtig hinterhältig klingen. Da ist etwas Uneindeutiges in seiner Stimme. Das passt zu diesem unzuverlässigen Erzähler, der Jon Andersen ja ist, wunderbar.

Hatten Sie ein Vorbild, als Sie Ihren unzuverlässigen Erzähler erschaffen haben?

Ich habe an einen berühmten Film gedacht, „Die üblichen Verdächtigen“ mit Kevin Spacey. Da wird einem erst am Ende klar, dass das, was der Protagonist erzählt hat, gar nicht stimmt. Beim „Mordmann“ gibt es Indizien: Der Erzähler hält inne, gibt bestimmte Laute von sich oder wiederholt Aussagen, um sie zu bestärken. Anhand solcher Kniffe kann man diesen Erzähler entlarven, wenn man aufmerksam ist.

Wird es eine zweite Staffel vom „Mordmann“ geben?

Das wäre meine Hoffnung, denn es gibt sowohl über die Nachbarin als auch über den Barkeeper Hendrik noch Etliches zu erzählen. Darauf würde ich mich enorm freuen.

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